Brasilien: WM-Baustellen werden weniger

243 Tage bis zum Star: 6,14 Millionen Kartenwünsche bei der ersten Ticket-Verlosung.

Während das Rennen um die 31 Startplätze für die WM 2014 ins Finish geht, gehen auch die Bauarbeiten in Brasilien in die finale Phase. 243 Tage sind es noch bis zum Eröffnungsspiel. Der Besuch von Vertretern der FIFA und des Lokalen Organisationskomitees (LOK) am Dienstag in Cuiabá war die letzte Station auf einer Tour durch die zwölf WM-Städte, die im Jänner dieses Jahres begonnen hatte.

Eine Gruppe von Menschen demonstriert vor einem Gebäude mit der Aufschrift „Copa pra que?“.
Demonstrators who managed to evade security and enter the Arena Pantanal stadium during a visit by FIFA Secretary General Jerome Valcke, protest against the public spending for the 2014 World Cup, in Cuiaba, October 8, 2013. Earlier this year, millions of Brazilians took to the streets to protest against the billions of dollars being invested into staging the 2014 soccer World Cup then the Olympics instead of health, education, public transportation, and security. The graffiti on the perimeter reads, "Cup for who?" REUTERS/Jose Medeiros (BRAZIL - Tags: SPORT SOCCER CIVIL UNREST POLITICS)
FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke besuchte in Begleitung der ehemaligen brasilianischen Fußball-Stars Ronaldo und Bebeto, beides Mitglieder des LOK-Verwaltungsrates, und Sportminister Aldo Rebelo die Arena Pantanal. Die Delegation wollte dort die Fortschritte der Bauarbeiten in Augenschein nehmen und traf sich mit Silval Barbosa, Gouverneur von Mato Grosso, sowie Mauro Mendes, dem Bürgermeister von Cuiabá.

Karten für Arbeiter

Eine Gruppe von Menschen, viele mit Bauhelmen, fotografiert mit Kameras und Handys.
Workers greet Brazil's former World Cup winner Ronaldo, who is on the 2014 local organising committee, during a visit by FIFA Secretary General Jerome Valcke to the Arena Pantanal stadium in Cuiaba October 8, 2013. The Arena Pantanal will host several 2014 World Cup soccer matches. REUTERS/Jose Medeiros (BRAZIL - Tags: SPORT SOCCER)
Während des Besuchs in der Arena Pantanal kam es wie in allen anderen Stadien zuvor zur symbolischen Übergabe von Eintrittskarten an zwei am Bau des Stadions beteiligte Arbeiter durch die Delegation. Darunter war auch Durval Fernandes da Silva, ein Teilnehmer eines Projekts zur Qualifizierung und sozialen Integration ehemaliger Sklavenarbeiter. Alle am Bau oder an der Renovierung der zwölf WM-Stadien beteiligten Arbeiter erhalten Eintrittskarten für eine Partie in der entsprechenden Spielstätte.

Während des Besuchs kam es aber auch zu Protesten. Rund 50 Teilnehmer hatten ihren Unmut über die FIFA, die hohen Kosten der WM 2014 und die brasilianische Regierung Luft gemacht. Während des Confed-Cups im Juni hatten landesweite Demonstrationen weltweit für Schlagzeilen gesorgt. In diesen Fällen hätten die brasilianischen Behörden laut Valcke „gut reagiert und bei allen, den Teams und Partnern, das Vertrauen in ihre Fähigkeit wachsen lassen, diese Situationen zu kontrollieren.“ Die Bevölkerung habe das Recht zu protestieren, „und wir haben das Recht, die WM zu organisieren“.

Karten für Fans

In der ersten Verkaufsphase gingen bei der FIFA 6,14 Millionen Bestellungen aus 203 Ländern ein. Die Planungen für 2014 sehen die Vergabe von drei Millionen Tickets vor. Nun entscheidet das Los: „Da die Nachfrage das Angebot bei Weitem übersteigt, wird die FIFA für die einzelnen Spiele unter notarieller Aufsicht eine elektronische Ziehung durchführen“, erklärte die FIFA. 4,37 Millionen Bestellungen (70,86 Prozent) kamen aus Brasilien. Danach kamen Fans aus den USA, Argentinien und Deutschland. Am begehrtesten waren Tickets für das Eröffnungsspiel in São Paulo (726.067), die Partien der brasilianischen Seleção und das Finale am 13. Juli 2014 im Maracanã-Stadion (751.165). Bis 4. November werden nun diejenigen benachrichtigt, die sich in der ersten Phase Tickets sichern konnten. Vom 5. bis 28. November läuft die zweite Verkaufsrunde, nach der Gruppenauslosung am 6. Dezember gibt es eine dritte Runde.

Der Punkt, der den Weltfußball spalten, reformieren oder auf den Kopf stellen könnte, war gut versteckt: Unter Ordnungsziffer 25.2 hat der Weltverband FIFA ihn aufgeführt in der Tagesordnung zur Sitzung des Exekutivkomitees, das sich letzten Freitag in Zürich getroffen hat. „ FIFA Fußball-Weltmeisterschaft Katar 2022: Zeitpunkt des Wettbewerbs“ steht dort – reingequetscht zwischen einem Bericht über Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern sowie dem Antrag des iranischen Fußballverbandes, zukünftig Fan-Tage in den FIFA-Terminkalender aufzunehmen.

Doch es ist wieder keine Entscheidung gefallen. Und es wird auch keine so schnell fallen: Das Exekutivkomitee hat die Entscheidung über die Verlegung der WM aus der brütenden Sommerhitze im Wüstenstaat Katar vorerst auf Eis gelegt. „Das Exko hat entschieden, einen Konsultationsprozess für einen WM-Termin 2022 zu starten“, sagte Blatter: „Vor der WM 2014 in Brasilien wird es keine Entscheidung geben.“

Der wohl mächtigste Sportverband der Welt hat sich nicht zuletzt im Zuge der WM-Vergabe als ziemlich korrupter Haufen enttarnt. Genau genommen sogar schon vorher: Mittlerweile stehen zehn der 24 Exko-Mitglieder unter Verdacht, Schmiergelder erhalten zu haben. Die FIFA wurde in ihren Grundfesten erschüttert. Die Nachbeben sind bis heute zu spüren. Vor allem die Vergabe des Weltturniers an den Wüstenstaat Katar erhitzt die Gemüter, seit Blatter am 2. Dezember 2010 die Entscheidung des Exekutivkomitees bekannt gegeben hat. Seitdem wird diskutiert. Über Korruptionsvorwürfe. Über politische Einflussnahme auf die Vergabe. Und über Menschenrechtsverletzungen.

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