Fall Armstrong erreicht das Olympische Komitee

Nach neuen Aussagen des Texaners wächst der Druck auf den Ex-Radsport-Boss.

Hein Verbruggen war fassungslos. Da hatte es doch Lance Armstrong, der lebenslang gesperrte Super-Doper aus den USA, tatsächlich gewagt, den vorletzten Präsidenten des Radsport-Weltverbandes UCI anzupatzen. Hein Verbruggen griff zu seinem Handy und schickte der Redaktion des niederländischen Fernsehsenders NOS eine Textnachricht: „Seit wann glaubt man Lance Armstrong? Seit er bei Oprah Winfrey sagte, dass er mit der UCI niemals etwas ,geregelt‘ habe? Oder seitdem er (gegen Bezahlung) Filme macht und Interviews gibt und dann mit saftigen Geschichten kommen muss?“

Dabei sind die Vorwürfe gegen Hein Verbruggen und seinen unlängst abgewählten Nachfolger Pat McQuaid gar nicht neu: Beiden wird seit Jahren vorgeworfen, diesen und jenen Verdacht gegen Mr. Armstrong ausgeräumt zu haben; bekannt ist auch, dass der Texaner, der sieben Mal die Tour de France gewonnen und später alle sieben Titel wieder verloren hat, um die 200.000 Dollar an die UCI überwiesen hat. Das haben sowohl Verbruggen als auch McQuaid zunächst bestritten, ehe die Beweislage (=UCI-Buchhaltung) eben doch die Zahlungen enthielt.

Nichts macht Ärger

Konkret hat Armstrong gegenüber der Daily Mail von seinem positiven Test auf Kortison nach dem Prolog der Tour de France 1999 berichtet, und von dem, was danach kam – zunächst einmal weitere drei positive Proben, und dann ein Gespräch mit ... Verbruggen. „Hein sagte nur: ,Das ist ein echtes Problem für mich, das ist der K.-o.-Schlag für unseren Sport, ein Jahr nach der Festina-Affäre. Wir müssen uns etwas einfallen lassen.‘ Also haben wir das Rezept vordatiert.“

Die Idee war an sich nicht schlecht, mit einer ärztlichen Verschreibung ist Kortison zulässig. Freilich vergaßen die Beteiligten seinerzeit, dass auf den Kontrollbögen der Dopingfahnder etwaige eingenommene Arzneimittel zu vermerken sind – und auf mindestens einem war nichts notiert.

Hein Verbruggen hat nun ein Problem: Dem Ehrenmitglied des Internationalen Olympischen Komitees bläst ein kalter Wind aus den Reihen seiner Kollegen entgegen. Und der neue Präsident, der Deutsche Thomas Bach, ist in seinen ersten Wochen im Amt nicht müde geworden, mehr Ernst im Kampf gegen Doping zu fordern.

Es wird spannend.

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