Ex-Salzburger Erling Haaland ist mittlerweile zu einem internationalen Star gereift.
Österreichs Fußball-Nationalteam spielt am Freitag in Oslo. Gegner Norwegen hat nicht nur internationale Fußballstars hervorgebracht, sondern Topstars in vielen Sportarten.
5,4 Millionen Einwohner hat Norwegen, Österreich hat 8,9 Millionen. Norwegen ist viereinhalb Mal so groß wie Österreich. Und während in Österreich 106 Personen auf einem Quadratkilometer leben, sind es in Norwegen 14.
Das Land ist zwar dünn besiedelt, aber die Dichte an Spitzensportlern ist enorm. „Es ist Teil unserer Kultur, sich draußen im Schnee zu bewegen“, sagte vor Jahren Bjørn Dæhlie in einem KURIER-Interview. Der 53-jährige ehemalige Langläufer hat bei Olympischen Winterspielen acht Mal Gold geholt und vier Mal Silber. Erfolgreicher als er war Landsmann Ole Einar Bjørndalen, der erfolgreichste Biathlet der Geschichte, der zu acht Goldenen und vier Silbernen noch eine Bronze geholt hat. Mit vier Bronzemedaillen werden die beiden von ihrer langlaufenden Landsfrau Marit Bjørgen übertroffen.
Auch dank dieser Legenden ist der Langlauf immer noch die beliebteste Sportart. Petter Northug ist wohl ein Exzentriker, war aber im aktuellen Jahrtausend der beste Langläufer der Welt. Nach seinem Karriereende füllte Johannes Klæbo diese Lücke, der 23-Jährige hat schon drei Mal Olympia-Gold geholt und drei WM-Titel gewonnen. Und bei den Damen schlüpfte Therese Johaug nach dem Karriereende von Bjørgen nahtlos in die Rolle der Dominatorin.
Marit Bjørgen hat in ihrer Karriere alles gewonnen.
Norwegen belegt mit 368 Medaillen (132 x Gold, 125 x Silber und 111 x Bronze) den zweiten Platz im Medaillenspiegel der olympischen Winterspiele hinter Deutschland. Österreich ist mit 232 Medaillen Sechster (64 x Gold, 81 x Silber und 87 x Bronze). Aber auch im Sommer liegen die Skandinavier vorne, sie belegen Platz 20 im Medaillenspiegel (56 x Gold, 49 x Silber und 48 x Bronze). Österreich ist auf Platz 39 zu finden (18 x Gold, 33 x Silber und 36 x Bronze).
Sport ist allgegenwärtig in Norwegen. Dæhlie, der zum erfolgreichsten Langläufer der Welt wurde, erzählte: „Ich spielte Fußball, wie alle Jungs in meiner Klasse, nahm an Laufwettbewerben teil, bin Radrennen gefahren, war als Skifahrer und Skispringer aktiv und natürlich bei Langlaufrennen am Start. Kurze Zeit spielte ich auch noch Handball.“
Ole Einar Bjørndalen, der erfolgreichste Biathlet der Geschichte
Platz zwei im Winter
In Norwegens Hauptstadt Oslo gehört es zum alltäglichen Straßenbild, dass neben Büroangestellten auf dem Weg zur Arbeit Menschen mit Skiern an den Bushaltestellen stehen und einen Sprung hinauf zum Holmenkollen fahren. Christian Mitter war zwölf Jahre lang in Norwegen, von 2015 bis 2019 als Cheftrainer der norwegischen Alpinen. „Der Sport ist in der Gesellschaft fest verankert“, sagt der Steirer. „Es wird einfach sehr viel und bei jeder Gelegenheit gesportelt. Die Leute zieht es in der Freizeit in die Natur. Die sind total abgehärtet, Rausgehen ist cool. Es gibt kein Wetter, bei dem sie im Haus bleiben.“
Unter Mitter entwickelte sich nicht nur Henrik Kristoffersen zum ersten Herausforderer von Österreichs Star Marcel Hirscher. Auch Doppel-Olympiasieger Aksel Lund Svindal arbeitete mit dem österreichischen Coach. Sein seit gestern 49-jähriger Landsmann Kjetil André Aamodt ist mit vier Mal Gold, zwei Mal Silber und zwei Mal Bronze der erfolgreichste Alpinskifahrer in der Geschichte der olympischen Winterspiele. Auch Kjus, Furuseth und Skårdal waren Weltklasse.
Punkto Spitzensport macht sich der Staat aber rar, was die Förderung angeht. Topsportler bekommen ein Stipendium im Wert von 8.000 bis 10.000 Euro pro Jahr. Aber die Vereine unterstützen ihre Athleten finanziell. Manche sind sogar bei ihrem Klub angestellt. Ansonsten ist viel Eigeninitiative bei der Finanzierung gefragt. Es kann durchaus sein, dass Athleten der zweiten Reihe im Sommer an der Supermarktkasse sitzen oder sich im Sportgeschäft ein Zubrot verdienen, so wie früher Skispringer Daniel-André Tande, bevor er in die A-Mannschaft aufrückte. In Norwegen gibt es als Belohnung für Medaillen eine große Sportlerehrung in Oslo.
Ohne Eigeninitiative kommen Sportler nicht weit. „Ich glaube, unsere Selbstständigkeit macht uns so stark“, sagte Biathlon-Star Ole Einar Bjørndalen einmal zum KURIER. Jungstar Klæbo ist ein typisches Beispiel für die individuelle Arbeit – und dafür, wie sehr junge Athleten zumindest am Anfang auf ihre Familie angewiesen sind. Der Opa ist der Trainer, der Vater der Manager, der Bruder der Social-Media-Assistent, die Schwester die Physiotherapeutin – ein veritables Familien-Start-up-Unternehmen, das früh Rendite abwirft.
„Es wird einfach sehr viel und bei jeder Gelegenheit gesportelt. Es gibt kein Wetter, bei dem sie im Haus bleiben“
von Christian Mitter, Norwegens Ex-Skitrainer
über Norweger
Junge Fußball-Stars
Denn wer es geschafft hat, kann gutes Geld verdienen. Wobei die Sportler sozial denken, wenn sie es sich leisten können. Eishockey-Star Mats Zuccarello, Handball-Star Bjarte Myrhol, die Fußballstars Martin Ødegaard und Erling Håland sammelten in diesem Jahr Geld, um die Folgen der Corona-Krise für Eltern mit Kindern abzufedern. Ødegaard fehlt verletzt gegen Österreich. Er wurde mit 16 von Real Madrid geholt, danach verliehen und kehrt jetzt mit 21 zurück zum Starensemble. Er und Håland sind die jungen Stars des norwegischen Fußballs. Sie treten in die Fußstapfen eines Ole Gunar Solskjær, der mit Manchester United 1999 die Champions League geholt hat und den englischen Spitzenklub jetzt trainiert.
Und mit Ada Hegerberg kommt die beste Fußballerin Europas ebenfalls aus Norwegen, die 25-Jährige gewann vor Kurzem zum fünften Mal in Folge mit Lyon die Champions League.
In der Leichtathletik ist Norwegen ebenfalls top. Der 24-jährige Karsten Warholm wurde 2017 und 2019 Weltmeister über 400 Meter Hürden. Von den laufenden Brüdern Jakob (20), Filip (27) und Henrik (29) Ingebrigtsen wurde jeder schon mindestens einmal Weltmeister.
Und Schach-Weltmeister Magnus Carlsen landete vor ein paar Jahren in einem Ranking der bedeutendsten Norweger auf Rang vier.
Kommentare