Distelberger ist zu Höherem berufen

Wäre ihm nicht beim 100-Meter-Sprint ein dermaßen rauer Wind ins Gesicht geblasen; und hätte er im Weitsprung die Normalform abgerufen; und wäre außerdem die Achillessehne nach dem Stabhochspringen nicht so beleidigt gewesen; und hätte es obendrein am zweiten Wettkampftag nicht wie aus Kübeln geschüttet ...
... dann, ja dann wäre einer neuen persönlichen Bestleistung nichts ihm Wege gestanden. Aber weil Dominik Distelberger bei der EM in Zürich nicht nur mit zehn Disziplinen, sondern auch noch mit etlichen Widrigkeiten zu kämpfen hatte, erreichte der Niederösterreicher nur 7942 Punkte.
Nur 7942 Punkte?
Distelberger, das hat er nicht zuletzt in Zürich gezeigt, ist ein 8000er-Mann. In Bestform sowieso, aber selbst in einem durchwachsenen Wettkampf mit vielen Rückschlägen und Schmerzen kratzte der 24-Jährige an der 8000-Punkte-Marke und absolvierte den zweitbesten Zehnkampf seines Lebens. "Es kann mir keiner vorhalten, dass ich keine starken Nerven hätte", bilanzierte Distelberger. "Wenn es drauf ankommt, kann ich es abrufen. Deshalb war die EM eine gute Erfahrung."
Am Ende
Eine teils schmerzhafte Erfahrung. Vor allem am zweiten Tag, als die Kräfte schwanden, lieferte sich Distelberger ein erbittertes Duell mit dem inneren Schweinehund. "Ich habe teilweise nicht mehr gewusst, wie ich den Mehrkampf zu Ende machen soll. Ich war körperlich wie geistig gebrochen", berichtete der 24-Jährige, der in Zürich eine lange Schicht hatte. Weil sich durch den Regen der Zeitplan immer wieder verzögert hatte, dauerte der zweite Wettkampftag zwölf Stunden. "Das war richtig hart.Du richtest dich zusammen, dann wird wieder verschoben." Zum Vergleich: bei seinem Rekord in Götzis (8168 Punkte) war der zweite Wettkampftag bereits am frühen Abend vorbei.
Auf der Höhe
Und trotzdem war es gerade der anstrengende Tag 2, an dem Dominik Distelberger aufzeigte und sich im Gesamtklassement noch auf den zwölften Platz verbesserte. In den zweiten fünf Bewerben (110 m Hürden, Diskus, Stabhochsprung, Speer, 1500 Meter) sammelte der Österreicher nur 37 Punkte weniger als in Götzis. "Ich sehe jetzt, wo ich stehe. Es ist überall noch viel drinnen", glaubt Distelberger, der sich eine Leistungsexplosion zutraut. "Wenn ich verletzungsfrei bleibe,kann ich von heuer auf nächstes Jahr noch einen großen Sprung machen."
Die EM in Zürich war für den Niederösterreicher möglicherweise der letzte große Auftritt in diesem Jahr. Distelberger will seine Achillessehne auskurieren lassen und sich in Ruhe der Planung für Olympia 2016 widmen. "Ich kann nächstes Jahr schon das Olympialimit machen, das ist sicher das Wichtigste für 2015."
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