Der schwedische Tennis-Untergang
Was waren das für Zeiten. Als Schwedisch Amtssprache war in der Tennis-Elite. Als Björn Borg einen Tennisboom in Schweden einleitete, den Mats Wilander und Stefan Edberg fortsetzten und ebenfalls zur Nummer eins der Weltrangliste empor kletterten. Die alten Schweden, die von 1975 bis 1998 sieben Mal den Daviscup holten, blickten gestern traurig nach Niš. In der zweitgrößten Stadt Serbiens schlägt seit gestern ein Team auf, dass bestenfalls einen Sparringpartner abgibt. Denn nach der Verletzung von Robin Söderling (Nummer 14) werden die Hoffnungen von Michael Ryderstedt getragen.
Ryderstedt? Muss man nicht kennen. Der Herr ist bereits 27 Jahre alt und taucht in der Weltrangliste erst auf Platz 348 auf. Der zweite Einzelspieler in Niš ist der fast 30-jährige Filip Prpic. Die Nummer 1426 wurde reaktiviert, weil sonst gar keiner mehr da ist.
Zumindest im Doppel sind die Schweden noch erstklassig, Robert Lindstedt ist die Nummer 10 der Welt, auch Johan Brunström kann ganz passabel Tennis spielen. Aber viel zu wenig für eine Nation, die vor rund 20 Jahren regelmäßig vier Top-Ten-Spieler stellte.
Ursachen
Joakim Nyström, der heute Jürgen Melzer trainiert und auch bei Österreichs Daviscup-Team coacht, war bis vor fünf Jahren noch beim schwedischen Verband tätig. „Die Wurzeln der Krise liegen darin, dass bei uns die talentierten Kids nur noch Fußball und Eishockey spielen. Dem schwedischen Verband ist in den letzten Jahren nicht gelungen, diese Talente zum
Tennis zu bringen“, erklärt der 48-Jährige, der vor 25 Jahren die Nummer sieben der Welt gewesen ist. Nyström rechnet vor allem mit dem Verband ab. "Dort denken viele immer noch, dass es so wie in den 80er-Jahren sein könnte. Heute gibt es keinen, der ihnen in den Hintern tritt."
Im Vorjahr zeigten die Schweden allerdings noch einmal auf. Die Russen, dieser Tage Gegner der Österreicher in Wiener Neustadt, wurden 3:2 besiegt. Mit Söderling. Es war nur ein Hauch einer längst vergessenen glorreichen Zeit.
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