Der Countdown läuft schneller, als vielen lieb ist

Mehrere Rohbauten stehen vor einem bewaldeten Hügel mit einem Baukran.
Sotschi hat im Juli 2007 den Zuschlag für die Olympischen Spiele 2014 bekommen, ohne eine einzige dafür benötigte Anlage vorweisen zu können.

Zwei Jahre vor den Winterspielen ist nur wenig wirklich fertig, aber überall wird kräftig an den Wettkampfstätten, Stadien und Hallen gebaut und die Fertigstellung der Infrastruktur, die 90 Prozent des gesamten Bauvorhabens umfasst, vorangetrieben.

Zusammengefasst sind die Sportstätten in zwei Cluster, einen an der Schwarzmeerküste bei Sotschi, den anderen in den Bergen rund um Krasnaja Poljana. Im Küsten-Cluster entstehen in einem olympischen Park sechs Hallen, das "Olympic Oval" für Eisschnelllauf, "Iceberg" für Eiskunstlauf und Short Track, "Ice Cube" für Curling, "Bolshoy" für Eishockey, "Shayba" für Eishockey und "Fisht" für Eröffnungs- und Schlussfeier sowie die Medaillenzeremonien. Im Berg-Cluster wird an "Laura" für Langlauf und Biathlon, "Rosa Khutor" für Ski alpin, "RusSki Gorki" für Skispringen und Nordische Kombination, "Sanki" für Rodeln, Bob und Skeleton sowie "X-treme" für Snowboard und Freestyle gebaut. Die Gesamtkosten für die Winterspiele in Sotschi werden auf mehr als 24 Milliarden Euro geschätzt.

Bereits im Oktober 2007 ermahnte Waldimir Putin die Organisatoren der Spiele zu mehr Schnelligkeit. Im Oktober 2008 stimmte das Internationale Olympische Komitee ( IOC) allen Schauplätzen zu, so auch dem Biathlon-Stadion, das aus Umweltschutzgründen verlegt worden war. Nach zahlreichen Negativmeldungen über die Situation in Sotschi beruhigte im März 2009 ein aktueller Bericht die IOC-Exekutive. Frankreichs Skilegende Jean-Claude Killy, Vorsitzender der Evaluierungs-Kommission, zeigte sich "sehr zuversichtlich und zufrieden" mit dem Stand der Vorbereitungen - trotz der Weltwirtschaftskrise.

Doch die Anlagen bestanden weiterhin nur als Computer-Animationen, auch Straßen, Hotels und andere Einrichtungen waren nur Pläne auf dem Papier. Im Mai gestand die russische Regierung erstmals Terminprobleme beim Aufbau der Infrastruktur ein. In Sotschi klagten Anrainer gegen den geplanten Bau von Olympia-Objekten auf ihrem Grundstück, sie wurden in späterer Folge zwangsenteignet und umgesiedelt.

Das alles rief das IOC auf den Plan, das schließlich ein stärkeres Engagement der russischen Regierung verlangte. Es stellte Sotschi im Oktober 2009 ein schlechtes Zwischenzeugnis aus: "Es ist noch ein langer Weg. Wir dürfen keine Sekunde verlieren, was den Bau der Sportstätten betrifft", warnte Killy. Kurios, dass nur drei Wochen später IOC-Präsident Jacques Rogge sich "außerordentlich zufrieden" zeigte und den künftigen Olympia-Gastgeber für "das Tempo und die Qualität der Vorbereitungen" lobte. Es war für lange die einzige positive Schlagzeile.

Im Jänner 2011 trat der Vorsitzende des staatlichen Sportanlagen-Bauers Olimpstroi, Taimuras Bollojew, aus gesundheitlichen Gründen zurück. Es war der bereits dritte Wechsel in der Olimpstroi-Führung seit April 2008. Die Ermittlungsbehörden nahmen Untersuchungen wegen Korruptionsvorwürfen bei Olimpstroi auf. Diskussionen über Umweltschäden häuften sich, Organisationen wie Greenpeace hatten wiederholt schwere Naturzerstörungen beklagt. Woraufhin Putin erklärte, dass die Regierung 60 Milliarden Rubel (1,52 Mrd. Euro) für "ökologische Aktivitäten" ausgebe.

Nach einem Kontrollbesuch im Jänner 2012 hat auch Kremlchef Dmitri Medwedew das schleppende Tempo bei den Bauarbeiten kritisiert. Fristen würden ungleichmäßig eingehalten, es gebe Probleme mit einzelnen Finanzierungen und einer teilweise mangelhaften Organisation der Arbeiten. Er ging aber davon aus, dass alle Objekte rechtzeitig vor Beginn der Spiele im Februar 2014 fertig sind.

Organisationschef Dmitri Tschernischenko war heuer im Rahmen der Jugend-Winterspiele in Innsbruck und beteuerte im Gespräch mit der APA - Austria Presse Agentur ebenfalls, dass alles zeitgerecht fertig werden wird. Auch Sicherheitsbedenken - Sotschi liegt inmitten der Konfliktzone Kaukasus - hält er für nicht angebracht. Sotschi sei einer der sichersten Orte der Welt und werde es auch in zwei Jahren sein.

"Alles ist auf Schiene, in einigen Bereichen sind wir vor dem Zeitplan, in einigen müssen wir noch an Tempo zulegen", sagte Tschernischenko. Das Zwischenziel, heuer in allen Bereichen Test-Events durchzuführen, sei nicht gefährdet. Es werden insgesamt 80 Probeläufe sein, die Hälfte davon auf internationalem Niveau. Laut dem russische Vizepremier Dmitri Kosak beträgt das Olympia-Veranstaltungsbudget 1,8 Milliarden US-Dollar (1,356 Mrd. Euro).

Kommentare