Das Reglement sorgt für paralympischen Wirbel

Ein behinderter Bogenschütze zielt mit dem Fuß auf seinen Bogen bei den Paralympics 2012 in London.
Handicap-Klassen und Punktewertungen sollen die Leistungen vergleichbar machen. Das funktioniert allerdings nicht immer reibungsfrei.

Es ist ja alles ganz einfach. Acht Menschen stehen am Start der Laufbahn, und 100 Meter später gibt’s einen Sieger.

Bei Nichtbehinderten ist das durchaus richtig, doch weil es so viele verschiedene Behinderungen mit so vielen verschiedenen Folgen gibt, sind die Paralympics eine ziemlich komplizierte Angelegenheit. So werden in London allein über 100 Meter Laufen oder Rollstuhlfahren der Herren 15 Goldmedaillen vergeben, insgesamt gibt es 503 Entscheidungen; bei den Olympischen Spielen waren es 302. Um das Programm übersichtlicher zu machen, hat das Internationale Paralympische Komitee (IPC) manche Handicap-Klassen zusammengelegt, was nicht immer der Fairness zuträglich ist; zudem sollen Punktewertungen Leistungen vergleichbar machen.

Dass das nicht immer funktioniert und manches noch komplizierter macht, verwundert nicht. So begab es sich etwa im Diskuswurf der Damen der Klasse F35/36, dass der Ukrainerin Maria Pomasan am Freitag Gold verliehen wurde, sie bei der neuerlichen Siegerehrung am Montag aber mit Silber Vorlieb nehmen musste – die Punkte waren falsch berechnet worden; Weite ist aufgrund des Reglements eben nicht gleich Weite. Pomasan verzichtete auf die Zeremonie.





Dissonantes Lied

Auch Thomas Geiers­pichler kann ein dissonantes Lied auf die Klassenzusammenlegungen anstimmen. Das größte Handicap des Salzburgers: Er kann wegen seiner Form der Querschnittlähmung den Puls nicht über 150 Schläge bringen, was etliche Konkurrenten im vergrößerten Feld aber sehr wohl schaffen. Deshalb hat sich der Rennrollstuhlfahrer auf die Langstrecken spezialisiert. Und was machte das IPC? Den Marathon für die Spiele in London streichen. Das bedeutete viel Arbeit am Rollstuhl und noch mehr mit Trainer Walter Gfrerer.

Dass er dennoch Dritter wurde über die 400 Meter, kam für den 36-Jährigen einem Wunder gleich: "Ich hätte Bronze nicht gewinnen dürfen, wenn man sich diese übermächtigen Gegner ansieht." Geschafft hat es Geierspichler trotzdem. "Und Gold könnte nicht schöner sein."


Kommentare