Darts-WM: Schottischer Streithansl und frustrierter Dominator

Chisnall servierte Van Gerwen im Viertelfinale ab.
Das Coronavirus verpatzte die Stimmung, brachte die Dominatoren ins Straucheln, aber dem Wiener Mensur Suljovic trotzdem kein Glück.

Die WM der Spitzenspieler endet am Sonntag. Der erste Weltmeister des Jahres wird im Alexandra Palace zwischen dem Waliser Gerwyn Price und dem Schotten Gary Anderson in London gekürt (20.30 Uhr MEZ, live Sport 1 und DAZN). Es war eine WM ohne bunte Kostüme, lustige Schilder und ausgelassene Zuschauer. Dieses Jahr durften nur am ersten WM-Tag 1.000 Fans ins „Ally Pally“, danach waren die Tische leer. Barry Hearn, Chef des Weltverbandes PDC: „Wir hoffen, dass wir nächstes Jahr wieder die normale Stimmung im Alexandra Palace haben und wir dann zurückblicken können: Erinnerst du dich daran, als es ruhig war?“

  • Der Überraschungsmann

David Chisnall ist 40 Jahre alt und seit fast einem Jahrzehnt fixer Bestandteil der Darts-Elite. Bislang erreichte der Engländer bei der WM aber nur das Viertelfinale (2017 und 2019). Doch diesmal zog er ins Semifinale ein – und wie.

  • Der frustrierte Dominator

Die Nr. 1 der Welt wurde von Chisnall mit 5:0 abgefertigt. Michael van Gerwen hat seinen einzigen „Whitewash“ bei der WM (Niederlage ohne Satzgewinn) im Jahr 2009 kassiert – damals war er gerade 20 Jahre jung. „Ich bin am Boden zerstört“, schrieb der niederländische Ex-Dominator nach der Demontage kurz vor Mitternacht in die sozialen Netzwerke. Der dreimalige Weltmeister ist seit sieben Jahren die Nr. 1 der Welt.

  • Die deutsche Hoch-Zeit

Mit Gabriel Clemens zog erstmals ein deutscher Spieler ins WM-Achtelfinale ein, und Deutschland lag im Darts-Fieber. 1,2 Millionen Zuschauer sahen auf Sport 1 den Sieg von Clemens gegen Weltmeister Peter Wright. Das Ende des deutschen Märchens gegen den Polen Ratajski sahen gar 2,26 Millionen.

  • Frauen diesmal im Pech

Die Sensation das Vorjahrs, als Fallon Sherrock zwei Spiele gewann, blieb aus. Doch Lisa Asthon und Deta Hedman schlugen sich tapfer, beide verloren nur knapp mit 2:3. Hearn: „Sie machen Fortschritte, auch wenn ich mir schnellere Fortschritte wünschen würde und mehr Frauen sehen will. Die Frage wird sein: Sind sie bereit, dafür genau so viel zu opfern wie die männlichen Kollegen? Wenn sie dafür bereit sind, dann wartet die Welt auf sie.“

  • Gut gebrüllt fürs Fernsehen

Russ Bray ist der offizielle Schiedsrichter des Weltverbandes PDC, auch „Caller“ genannt. Wenn der 63-Jährige mit seiner rauchigen Kult-Stimme „Onehundredandeighty“ ins Mikro brüllt, rastet der Alexandra Palace in London aus. Normalerweise, diesmal brüllte er nur fürs TV. „Am Anfang war es etwas seltsam. Aber ich konzentriere mich auf die Scheibe, da merkt man den Unterschied nicht so stark.“

  • Die Corona-Geplagten

Vor allem die älteren Spieler hatten nach der Corona-Zwangspause Probleme mit dem ungewohnten Rhythmus (lange Pausen, dafür fünf, sechs Turniere hintereinander). Mit Chisnall (Nr. 8) und Gerwyn Price (Nr. 3) erreichten nur zwei Spieler der besten zehn der Weltrangliste das Semifinale. White, Smith und Cross gewannen kein Spiel, Titelverteidiger Wright Aspinall und Wade nur eines.

  • Das WM-Trauma von Suljovic

Damit war Mensur Suljovic in schlechter Gesellschaft. Der Wiener gewann ein Spiel, scheiterte aber am Einzug ins Achtelfinale – das ist sein bestes WM-Abschneiden bei 13 Versuchen. In Runde drei verlor er gegen Gary Anderson, der es locker bis ins Semifinale schaffte, weil ihm die Top-Ten-Spieler aus dem Weg geräumt wurden.

  • Der schottische Streithansl

Suljovic verlor gegen Anderson nur ganz knapp 3:4. Doch der 50-jährige Schotte pudelte sich über den 48-jährigen Wiener auf. Der habe seine Pfeile auf den falschen Tisch gelegt. Und zudem klagte er über das langsame Spiel von Suljovic, für das der aber in der Szene bekannt ist. „Wenn Darts so läuft, bin ich weg. Dann gehe ich lieber Golf spielen.“ Ex-Profi Wayne Mardle stand Suljovic bei: „Man muss den Gegner ausbremsen.“ Anderson, mittlerweile „Motz-Gary“ genannt, sagte: „Was für ein Trottel.“ Nach dem Einzug ins Semifinale wollte er von Rücktritt und Golf nichts mehr wissen.

  • Das Aus trotz Highlight

Das Höchste im Spiel an der Scheibe ist ein Neundarter – das ist der schnellste Weg, um von 501 auf 0 zu kommen mit dem letzten Pfeil auf ein Doppelfeld. James Wade schaffte dies, doch er schied in der dritten Runde trotz des Highlights gegen Stephen Bunting mit 2:4 aus.

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