China nach Liu-Verletzung unter Schock

Zur besten Sendezeit am Dienstagabend schrie der Moderator im Staatsfernsehen CCTV sein Entsetzen ins Mikrofon. Dann herrschte Schweigen. Als der schon am ersten Hindernis gestolperte Hürdensprinter sich mühsam wieder aufrichtete, ertönte nur noch leises Schluchzen.
Wie ein Lauffeuer verbreiteten sich die Fotos von Lius Pech über die Sozialen Netzwerke in China. Mehrere Millionen Beiträge verzeichnete der chinesische Kurznachrichtendienst Weibo zum tragischen Helden, der einen Achillessehneneinriss erlitt und noch am Mittwoch in London operiert werden sollte, binnen weniger Stunden. Medien in China berichteten am Mittwoch, dass kleinere Online-Portale unter dem Ansturm der Nutzerkommentare zeitweise zusammengebrochen waren.
Als Athen-Olympiasieger Liu vor vier Jahren bei seinem Heimspiel in Peking nach einem Fehlstart im Vorlauf wegen einer Achillessehnenverletzung hatte aufgeben müssen, hatten ihm im Internet viele fehlenden Patriotismus vorgeworfen und seine Blessur angezweifelt. Nach dem spektakulären Aus in London dominierte dagegen Sympathie für den Lauf-Millionär, der im Reich der Mitte eine ähnliche Popularität wie einst Basketball-Star Yao Ming genießt. "Liu Xiang ist der Größte. Ich unterstütze ihn - gerade jetzt", schrieb etwa eine Nutzerin bei Weibo.
Nach dem Sturz wurde aber auch Kritik laut - allerdings kaum an Liu. "Druck durch das Land" war laut der nationalistischen Zeitung "Global Times" ein Grund für den Stress, der Liu behindert habe. Außerdem entbrannte eine Diskussion um die Trikotnummer von Liu, denn er war - wie schon in Peking - mit der Nummer 1356 angetreten. Die Zahlen wurden interpretiert als 1,3 Milliarden Einwohner und die 56 Völker Chinas. Die Behörden hätten ihm bewusst wieder die Nummer gegeben, um den Druck auf ihn zu erhöhen, klagten Nutzer im Internet.
Prompt sah sich der chinesische Cheftrainer Feng Shuyong zu einer Klarstellung gezwungen: "Die Nummern werden vom Organisationskomitee vergeben und nicht von uns oder von Liu Xiang."
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