Boris Becker: Der "17-jährigste Leimener"

Und plötzlich war Deutschland aus dem Häuschen. Boris Becker, 17-jähriges Bürschlein aus Leimen, stellte vor 30 Jahren nicht nur die Tennis-Welt auf den Kopf, als er sensationell in Wimbledon gewann. Deutschland suchte und fand den Superstar.


Becker war damals der große Held in Deutschland. "Er war der Star, stand sogar über den Kickern, ja, Tennis war plötzlich Sportart Nummer eins in Deutschland", sagt Allmeroth, der heute noch unter anderem für die Internet-Plattform Tennisnet.com fundierte Berichte abliefert. Deutschland suchte damals tatsächlich neue Helden, nachdem die Fußball-Nationalmannschaft nach der misslungenen Europameisterschaft im Jahr zuvor schwer in der Kritik stand. "Das Land hatte wieder wen, auf den es stolz sein konnte."
"Boom-Boom"-Boris
Die Folgen waren schwerwiegend. "Ab da wurde 1000 Stunden im Jahr Tennis übertragen, jedes kleine Drei-Pizza-Turnier. Und die Leute sahen zu." Vor allem aber die Daviscup-Duelle hätten fast soviel Beachtung wie die Fußball-Länderspiele bekommen.

Beckers Triumph hat nicht nur in Deutschland viel bewirkt. "Sein Erfolg war auch für Österreichs Tennis überaus vorteilhaft", erinnert sich Alexander Antonitsch, der damals 19 war. Es wurde viel mehr über Tennis berichtet – vor allem im neuaufkommenden privaten deutschen Satellitenfernsehen, erinnert sich der heutige Eurosport-Experte. Den "richtigen Boom" hätten der gleichaltrige Thomas Muster und Kollegen hierzulande ausgebaut. "Auch unser Daviscup-Team war wie jenes der Deutschen mitverantwortlich für das neue Tennisgefühl."
Bum-Bum-Boris
Becker, schon bald auch als Bum-Bum-Boris bezeichnet, stand auch für ein neues Tennis. Aufschlag-Volley-Spieler hätte es zwar damals schon gegeben, "aber Becker spielte auch kraftvolles Grundlinien-Tennis und strotzte vor ungemeinem Selbstvertrauen. Das hatte mir schon zuvor imponiert, ich kannte ihn schon von einigen Turnieren", sagt der Kärntner.
Becker, auch Bobbele genannt, war damals ein Held und ist es bis heute geblieben. Es gab zwar Zeiten, in denen er es nur durch Scheidungen in die Medien schaffte, mittlerweile tut er es wieder sportlich. Und zwar als Coach des Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic. Der Serbe ist Titelverteidiger – und ein Favorit in Wimbledon.
Freilich wird Boris Becker auch dieses Mal wieder in Wimbledon zu sehen sein. Dann, wenn sein Schützling Novak Djokovic aufschlägt. Der Serbe kommt als Titelverteidiger nach Wimbledon. Und natürlich als Mitfavorit, wenn es um den Siegerscheck in der Höhe von 1,76 Millionen Pfund (2,64 Mio. Euro) geht. Zumindest ist Djokovic als Nummer eins gesetzt.
Eh klar, oder? Nicht in Wimbledon. Zu Beckers oder Stefan Edbergs Zeiten wurde die Setzliste vom Veranstalter zusammengebastelt. Das ist heute anders, die Weltrangliste zählt primär, dazu werden seit 2002 aber auch die Rasenturniere der vergangenen zwei Jahre herangezogen – so lautet die Rasenformel. Bei allen anderen Grand-Slam-Turnieren zählt übrigens nur die Rangliste.
Allerdings: Ist ein Spieler, zum Stichtag in der Weltrangliste unter den Top 32, ist er auf jeden Fall gesetzt (über den Rang entscheidet die Rasenformel). Daran hat sich nichts geändert. Sollte der heurige Wimbledon-Sieger beispielsweise im nächsten Jahr auf Platz 40 liegen, hat er Pech gehabt, vorausgesetzt es sagen nicht acht Spieler ab.
Was auch gut für Dominic Thiem ist, der zum Stichtag unter den besten 32 war und gerade noch als Nummer 32 gesetzt ist – auch, wenn er in seiner Profi-Laufbahn nur ein Rasen-Match gewinnen konnte. Gegen den Israeli Sela kann er montags die Bilanz aufbessern, im 128er-Feld wartet frühestens in Runde drei ein gesetzter Herr. Blöd lief es für den Deutschen Philipp Kohlschreiber. Er ist als 33. knapp nicht gesetzt, wäre bei einer Absage (aufgrund der Rasenformel sogar besser als Thiem) gesetzt gewesen. Nun fordert er Djokovic...
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