Zwei Brüder auf WM-Kurs

Ein Ruderer trägt ein Rennboot und Ruderblätter zum Wasser.
Bernhard und Paul Sieber bereiten sich im Leichtgewichts-Zweier auf die Titelkämpfe in Amsterdam vor.

Ihr habt’s euch einen schlechten Tag ausgesucht", sagt Bernhard Sieber. Mit der rechten Hand hält er sich an den schwarzen Plastik-Kanistern fest, aus denen der Anlegesteg an der Donau gebaut ist. Mit der anderen deutet er in Richtung der Wolken, die am Himmel dahinziehen. "Keine Sonne heute", sagt der 24-jährige Ruderer und steigt aus dem Boot. Neben ihm der jüngere Bruder Paul (21). Die vier tief gebräunten, muskulösen Beine verraten, dass das Wetter an anderen Tagen schon besser gewesen sein muss.

Trotz starkem Wind und hohen Wellen haben die Ruder-Brüder drei 22-Minuten-Intervalle absolviert. "Doch, das war heute ausgiebig", sagt Paul während er das Boot schultert. So richtig müde sieht er dabei aber gar nicht aus. Die tägliche Schinderei ist er schließlich gewohnt. Kompromisse gibt es für die Siebers sowieso keine, schon gar nicht so kurz vor dem großen Saison-Ziel: Der Ruder-WM in Amsterdam in zwei Wochen (24. bis 31.August).

Erste Erfolge

Seit 2012 sitzen Bernhard und Paul Sieber in einem Boot. Mit Erfolg: Dem U23-WM-Titel im Leichtgewichts-Doppelzweier folgte 2013 ein fünfter Platz bei der EM, ein neunter bei der WM und Gold bei der Universiade. Auf ähnliche Ergebnisse warten die Wiener nach durchwachsener Vorbereitung im Winter heuer noch: Bei der EM verpassten sie den Finaleinzug, auch das Weltcup-Finale in Luzern verlief nach überstandener Grippe so gar nicht nach Wunsch (Vor- und Hoffnungslauf-Letzte). "Aber wir nehmen mit, dass man trotzdem weiterarbeitet, auch wenn man richtig eines aufs Maul kriegt", sagt Paul. Heute kann er darüber lachen.

Zwei junge Männer mit Kappen sitzen an einem Tisch im Freien und unterhalten sich.
Rudern, Paul Sieber, Bernhard Sieber c Stefan Sigwarth
"Es passiert nichts zufällig im Leben. Es gibt kein Glück", sagt der ältere Bruder und sieht dabei sehr ernst auf sein leeres Glas Soda-Zitron. Vor einem halben Jahr war er selbst Zeuge dessen, was man mit sportlichem Ehrgeiz erreichen kann: Als seine Freundin Julia Dujmovits in Sotschi im Snowboard-Parallel-Slalom Olympia-Gold holte, stand er im Zielraum. "Natürlich motiviert das. So etwas auch zu schaffen, muss für jeden Sportler der Traum sein", sagt er mit Nachdruck. An Ehrgeiz mangelt es den Brüdern genauso wenig, wie an erfolgreichen Vorbildern. Auch Onkel Christoph Sieber holte 2000 in Sydney Olympia-Gold (Windsurfen). Da erübrigt sich die Frage nach den großen Karrierezielen.

Einfach-komplex

Zwei Männer trainieren in einem Fitnessstudio mit Gewichten.
Rudern, Bernhard Sieber, Paul Sieber c Stefan Sigwarth
20 bis 25 Stunden in der Woche zieht das schlanke Boot der Siebers seine Längen auf dem Wasser. Ruhig, konzentriert, unaufgeregt sieht es aus. Fast, als würde es gar keine Mühe bereiten, es anzutreiben. Als "einfach-komplex" beschreibt Paul Sieber seinen Sport: "Eigentlich ist es kinderleicht und gleichzeitig zum Trainieren eine der härtesten Sportarten."

Für das Studium bleibt da vorerst wenig Zeit. "Jetzt machen wir einmal das g’scheit und schauen, was man da rausholen kann", sagt Paul, der Technische Physik studiert. "Es ist schon wichtig, auch etwas anderes zu haben, um zwischendurch wegzukommen", sagt er, der mit Bruder Bernhard für jüngere Kollegen ein Vorbild ist.

Rudern ist nicht die jugendlichste Sportart, die es gibt. Das mag an der Tradition liegen. Und dennoch hat sich mit den Sieber-Brüdern das Image des Sports gewandelt. Ein bisschen cooler ist dieser geworden. Ob auch erfolgreicher wird sich zeigen. Zuerst in Amsterdam, dann in Rio.

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