Europameisterschaft in der Karibik

Für den Österreicher Andreas Müller begann die Bahnrad-Europameisterschaft mit Platz sechs. Müller hatte am Ende nach 15 Kilometern (45 Runden) eine Runde Rückstand auf den belgischen Sieger Otto Vergaerde. Andreas Graf wurde 16.
An dieser Stelle würde im Normalfall die Meldung enden. Doch diese EM findet nicht in einer staubigen Halle in Europa statt sondern unter freiem Himmel in der Karibik. In Guadeloupe.
Regenzeit

Bereits 1991 wurde das Vélodrome Amédée Détraux in der Kleinstadt Baie-Mahault erbaut. 2009 wurde auf der 333,333 Meter langen Holzbahn die französische Meisterschaft ausgetragen, bis Sonntag werden hier nun die Europameister ermittelt.
In Guadeloupe kommt auf die Radfahrer zum Kampf gegen Uhr und Rivalen auch noch das Kräftemessen mit der Natur dazu. Temperaturen jenseits der 30-Grad-Marke und eine hohe Luftfeuchtigkeit setzen den Sportlern zu, zudem ist gerade Hurrikan-Saison und der September und Oktober sind gewöhnlich die regenreichsten Monate – ein Handicap, zumal die Bahn in Guadeloupe nicht überdacht ist.
Highlight
Ein Abenteuer, auf das sich die Bahnradfahrer gerne einlassen. "Diese EM, die nicht in Europa stattfindet, ist auf alle Fälle ein Highlight", sagte Müller, der mit Graf am Sonntag beim Madison-Bewerb auf eine Überraschung hofft – auf eine Medaille. Eine Regeländerung kommt ihnen entgegen: Es ist nur noch ein Team pro Nation startberechtigt. Mit dem Klima sollten sie keine Probleme haben. "Wir haben oft in Guadeloupe und in Tobago trainiert."
Auch andere Sportarten gehen längst fremd und erschließen somit neue Märkte. So fährt die Formel 1 in Russland, Bahrain und Abu Dhabi; ab 2015 in Mexiko, ab 2016 in Aserbaidschan. Die NFL absolvierte ihre Football-Spiele schon mehrmals in London, auch die Eishockeystars der NHL waren schon in Europa auf Besuch. Nicht zu vergessen: die letzten Olympischen Winterspiele in Sotschi, die bei bis zu 20 Grad plus in den Ausläufern der Subtropen stattfanden. Und für 2022 hat sich mit Peking die nächste kuriose Destination für Winterspiele angemeldet.
Fast zur Tradition wurde es, dass die Tour de France außerhalb Frankreichs startet. 2014 etwa mit Erfolg in Großbritannien, Millionen Fans säumten den Weg der Radprofis. Mehrmals spielte man sich bereits mit dem Gedanken, die Tour in New York oder Doha zu starten – doch die Reisestrapazen wollte man den Fahrern nicht antun. Bisher.
Im Jahr 2002 mussten die Tifosi von Juventus Turin und Parma für den Supercup auf einen anderen Kontinent reisen. Das Spiel fand in Tripolis statt – ein Tribut an den mittlerweile verstorbenen libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi, der ein großes Aktienpaket an Juventus hielt.
Das Rheinland mag für einiges berühmt sein – mit Wintersport verbindet man die Region in Nordrhein-Westfalen aber nicht. Umso erstaunlicher, dass Düsseldorf (38 Meter über dem Meeresspiegel) von 2002 bis 2011 ein fester Bestandteil im Weltcup-Kalender der Langläufer war.
Ewiger Sommer in Los Angeles. Doch im Februar macht das Air&Style-Snowboard-Festival Station im Rose Bowl Stadium. Die Temperaturen in Los Angeles betragen zu dieser Zeit zwischen 9 und 19 Grad. Gesprungen wurde in den vergangenen Jahren bereits in München und Peking.
Aus Katar mögen jetzt vielleicht nicht die großen Sportstars kommen – von Hochspringer Mutaz Essa Barshim einmal abgesehen, der seit heuer mit überquerten 2,43 Metern die Nummer zwei der ewigen Bestenliste ist – trotzdem ist der Wüstenstaat eine Großmacht in der Welt des Spitzensports.
Egal ob es nun um Fußball, um Handball, die Motorrad-WM, Tennis, Golf oder um die Leichtathletik geht – es ist immer öfter Sand in Sicht. Katar lockt die Sportstars und die Großereignisse mit Millionen und mit hochmodernen Sportanlagen.
Das Tennis-ATP-Turnier in Doha hat schon genauso Tradition wie der Motorrad-Grand-Prix auf dem Losail International Circuit oder die hochkarätig besetzte Katar-Radrundfahrt. Die Leichtathletik-Hallen-WM war bereits in Katar zu Gast, und im Jänner findet erstmals die Handball-WM am Persischen Golf statt (mit dabei ist auch das österreichische Herrenteam).
Das größte sportliche Prestigeprojekt ist und bleibt allerdings die Fußball-WM, die 2022 in Katar stattfinden soll. Die Vergabe des Turniers ist genauso umstritten und fragwürdig, wie überhaupt die Sinnhaftigkeit und Machbarkeit einer WM im arabischen Hochsommer. Noch immer steht eine Verlegung des WM-Turniers in den Winter im Raum, so mancher Anhänger hofft, dass dem Emirat das Turnier noch entzogen wird.
Fußball ist aber ein Steckenpferd des kleinen Landes auf der arabischen Halbinsel. Katar will sich weiter als idealer Fußball-Standort profilieren und pflegt deshalb ab sofort den Doppelpass mit Italien: Am 22. Dezember reisen die Teams von Juventus Turin und Napoli gen Osten, um erstmals im fernen Katar den italienischen Supercup-Sieger zu küren.
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