Knappe oder Burgfräulein auf Zeit

Tobias Hundertpfund
Auf Burg Piberstein in Oberösterreich tauchen Kurzurlauber komplett ins Mittelalter ein.

Wenn einer schon Tobias Hundertpfund heißt und dann auch noch zu einer Mittelalter-Zeitreise auf eine oberösterreichische Ritterburg lädt – dann kann das ja heiter werden. Ab 13. Mai lässt der Nachfahre einer Münzprägerin und Chef einer Event-Agentur Urlauber jeweils drei bis fünf Tage komplett in die Zeit der Burgfräulein, Ritter und Knappen eintauchen – Gewand, Verpflegung, Arbeit, Freizeit – alles soll möglichst authentisch erlebt werden.

Das Handy hat Pause

Knappe oder Burgfräulein auf Zeit
Oberösterreich, Mittelalter-Zeitreise
„Wir lassen nur ganz wenige Zugeständnisse an die Neuzeit durchgehen“, sagt Hundertpfund. „Handys sind nur in Ausnahmefällen erlaubt, Laptops und Spielekonsolen sind tabu, auch T-Shirts mit modernen Aufdrucken.“ Immerhin darf man Unterwäsche tragen – das war im Mittelalter noch nicht üblich. Und eine Fotokamera ist auch erlaubt.

Schauplatz des Spektakels ist die Burg Piberstein in Oberösterreich, eine Rodungsburg aus dem 13. Jahrhundert und einstiger Sitz der Familie Piberstein, die von ihren Lehensherren mit dem Holzschlägern beauftragt worden war.

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Das müssen die Teilnehmer der Zeitreise nicht machen, aber sonst ist mit einem dichten Programm zu rechnen: Brotbacken im Lehmofen, Handarbeiten, diverses Handwerk ausprobieren, Bogenschießen, Jonglieren, historische Spiele – aber auch Müßiggang und Minnesang erwartet die Gäste. Dafür hat Hundertpfund auch professionelle Mitstreiter auf die Burg geholt – etwa Musikanten, fahrende Spielleute und andere Mittelalter-Spezialisten.

Auf dem Speiseplan steht durchwegs „echte“ mittelalterliche Kost: etwa Getreidebrei zum Frühstück (freiwillig!), selbst gebackenes Brot, Fleischpasteten oder Tauben in Mandelmilch. „Eine in mittelalterlicher Kost versierte Köchin sorgt dafür, dass das alles auch gut schmeckt“, verspricht der Zeitreiseführer.

Gabel als „Teufelszeug“

Knappe oder Burgfräulein auf Zeit
Oberösterreich, Mittelalter-Zeitreise
Gespeist wird übrigens nicht nur mit den Fingern, wie das bei nicht sehr authentischen Ritteressen meistens der Fall ist, sondern durchaus auch mit Messer und Pfriem – dem mittelalterlichen Essdorn (Vorläufer der Gabel). Gabeln waren im Mittelalter streng verboten – der „Dreizack“ galt nämlich als Teufelszeug.

Damit die Zeitreise ins Mittelalter mit allen Sinnen gelingen kann, legt Hundertpfund großen Wert auf entsprechende Kleidung. Diese und das perfekte Besteck-Set kann man auch ausleihen. Wer will, kann sich auch seine „Gewandung“ maßschneidern lassen.

Knappe oder Burgfräulein auf Zeit
Oberösterreich, Mittelalter-Zeitreise
Genächtigt wird in den restaurierten Schlafkammern des Schlosses – für Familien gibt es größere Kammern, die vier bis fünf Personen Platz bieten, für Paare ist etwa das Turmzimmer im Wirtschaftstrakt gerichtet. Und für größere Gruppen wird nach dem Festgelage der Rittersaal einfach zum Dormitorium, also zum Schlafsaal. Ja, so wårn’s, die Rittersleut’.

Vollbad zu acht

Pikant könnte sich die Körperpflege gestalten: Wer will, badet in geselliger Runde in einem Holzzuber mit etwa zwei Metern Durchmesser: Bis zu acht Personen finden darin gleichzeitig Platz, wobei man im Mittelalter unter „Vollbad“ immer auch die Begleitung mit einem Becher Met oder Wein verstand – auch mit diesem Brauch ist auf Burg Piberstein zu rechnen.

Knappe oder Burgfräulein auf Zeit
Oberösterreich, Mittelalter-Zeitreise
Nur damit kein Unbehagen aufkommt: Auf der Toilette hört sich die Zeitreise auf (es gibt „richtige“ zeitgemäße WCs), auch von Hexenverbrennungen, Auspeitschungen und Kriegen wird tunlichst Abstand genommen. Einen Pranger gibt’s allerdings schon auf Burg Piberstein. Aber ob der wohl Verwendung findet?

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