Wird Skandal-Ausschuss zur Schlammschlacht?

Wird Skandal-Ausschuss zur Schlammschlacht?
ÖVP-Fraktionsführer Amon und Grünen-Aufdecker Pilz haben bereits vor Start des Ausschusses heftigst gestritten. Im KURIER diskutieren sie, was es braucht, dass er auch Ergebnisse bringt.

Das Handy von Peter Pilz klingelt. Werner Amon fragt nach dem Klingelton: "Was ist das für ein Vogerl?" Pilz: "Das sag' ich nur unter Wahrheitspflicht." Der Grüne und der ÖVP-Vize-Klubchef scherzen, sie scheinen sich eigentlich gut zu verstehen. Bevor der Korruptions-Untersuchungsausschuss eingesetzt wurde, haben sie einen ersten schweren Konflikt ausgetragen. Amon stemmte sich gegen die Grüne Gabriela Moser als Vorsitzende; Pilz nannte Amons Argumente einen "Rufmord". Moser ist mittlerweile gewählt, der KURIER hat Amon und Pilz zum Streitgespräch über den Ausschuss gebeten.

Wird Skandal-Ausschuss zur Schlammschlacht?

KURIER: Herr Pilz, wie darf man sich das Klima im Ausschuss vorstellen, wenn Sie mit einem, wie Sie sagen, "Rufmörder" arbeiten müssen?
Peter Pilz: Alle Abgeordneten müssen überlegen, ob sie der Aufklärung verpflichtet sind oder Parteiinteressen. Ich geh' jetzt mal davon aus, dass alle an der Aufklärung arbeiten.
Werner Amon: Man ist noch kein Rufmörder, wenn man sagt, dass Frau Moser noch nie einen Ausschuss geleitet hat. Nicht ich habe ihr Vorwürfe gemacht, sondern Herr Hochegger. Sie hat inquisitorische Fähigkeiten, ob das einer objektiven Ausschuss-Führung zupass kommt, überlasse ich dem Betrachter.
Pilz: Es ist Zeit, einen Strich drunter zu ziehen. Niemand kann behaupten, Gabi Moser wäre wegen Aussagen von Hochegger oder was auch immer eine belastete Politikerin.
Amon: Eine Fraktion kann nicht sagen: Wir haben in jeder Hinsicht saubere Hände. Das wird die Untersuchung zeigen. Wenn Hochegger sagt, Monika Langthaler (Ex-Grünen-Abgeordnete) wurde gesponsert, dann wird man sich auch das ansehen müssen.
Pilz: Die schwarz-blaue Strategie: "Wenn es uns gelingt, alle ein bisserl anzupatzen, schauen wir relativ sauber aus." Wir behandeln verschiedene Affären. Für den Großteil davon gibt es die politische Verantwortung aus schwarz-blauen Regierungszeiten. Es gibt auch Affären, wo sich eine deutliche Verantwortung der SPÖ abzeichnet. Es gibt aber keine Affäre, die wir untersuchen, die mit dem Namen "Grüne" verbunden ist. Wenn Sie Frau Langthaler laden wollen und es dafür vernünftige Gründe gibt, haben Sie meine Unterstützung. Es ist nichts dagegen einzuwenden, eine seriöse Unternehmerin zu laden.
Amon: Ich bin dafür, dass wir die Ladungen im Konsens aussprechen. Daher ist es eigenartig, wenn die designierte Vorsitzende Moser jetzt schon Zeugenlisten in Zeitungen präsentiert. Es gibt keine schwarz-blaue Strategie. Es geht um Einzelpersonen, die Verfehlungen begangen haben. In womöglich allen Parteien.

Wird Skandal-Ausschuss zur Schlammschlacht?

Herr Pilz, befürchten Sie rot-schwarzen Zeugenproporz? Im Stile: Alfred Gusenbauer wird nur geladen, wenn auch Wolfgang Schüssel kommt -, aber am besten kommen beide nicht?
Pilz: Nein. Wir haben schon so viel durchgesetzt. Vor einem Monat noch hat es aus fast allen Parteien geheißen, dass gar kein Ausschuss kommen soll. Als Nächstes geht es darum, alle Akten lückenlos zu bekommen.
Amon: Wenn ungeschwärzte Akten angefordert werden, müssen die Inhalte auch vertraulich bleiben. Und wir müssen uns auch mit der Justiz absprechen, um uns nicht wechselseitig zu behindern.
Pilz: Wir wollen auch keine Informationen über geplante Kontenöffnungen oder Hausdurchsuchungen erhalten. Das Parlament darf kein Frühwarnsystem für verdächtige Beamte und Politiker sein. Das Parlament ist kein Hort der Indiskretion: In den letzten Jahren hat die Geheimhaltung hier wesentlich besser funktioniert als in der Justiz.

Und was ist mit einer rot-schwarzen Notbremse? Die Regierung könnte den Ausschuss abdrehen, sowie es heikel wird.
Pilz: Das Verhältnis zwischen den Koalitionspartnern ist so gespannt, dass Vereinbarungen über längere Zeit nicht halten. Und die nächsten Wahlen stehen vor der Tür, die Regierung kann es sich mit jedem Monat weniger leisten, das abzuwürgen. Ich würde mir vorab eine Garantie wünschen, dass dieser Ausschuss nicht wie die vier vorherigen mit Regierungsmehrheit abgedreht wird.
Amon: Ich geh' davon aus, dass die Koalition bis zum regulären Wahltermin im Herbst 2013 hält. Das heißt: Es gibt kein gegenseitiges Überstimmen, auch nicht im Ausschuss. Das wäre ein Koalitionsbruch und würde in Neuwahlen führen. Wir wollen aber mit allen Parteien eine Vorgehensweise finden. Man wird wohl erst im Frühsommer abschätzen können, wie lange der Ausschuss dauert.

Was soll am Ende rauskommen? Rücktritte?
Pilz: Das weiß ich noch nicht. Was rauskommen soll: Die schärfsten Gesetze gegen Korruption und Parteibuchwirtschaft, die die EU jemals gesehen hat. Unsere Demokratie ist ernsthaft in Gefahr. Wir haben nur eine Chance: aufklären, das verschwundene Geld zurückfordern, dann ein Neubeginn. Sonst kommen schwierige Zeiten auf das Land zu.
Amon: Natürlich kann das bis zu Rücktritten führen. Der Kollege Pilz hat zwei legistische Maßnahmen angesprochen, für mich ist auch die Medientransparenz ein Thema - Inserate der öffentlichen Hand sollte es nur in Medien geben, deren Eigentümer offengelegt sind.
Pilz: Wir sind der einzige Staat der EU, in dem illegale Parteienfinanzierung nicht strafbar ist.
Amon: Die Grünen sollten sich in Wien einmal so ins Zeug schmeißen bei der Parteienförderung, wie sie das hier im Nationalrat tun.
Sie stellen gern eine Jungfräulichkeit zur Schau, aber wenn sie eine Chance haben, dann naschen die schon ganz gerne mit.
Pilz: Wenn das die Partei der professionellen Naschkatzen sagt, steckt eine Expertise dahinter. Aber wir sind auch in diesem Punkt nicht bereit, von der ÖVP zu lernen. Wir werden die Parteienfinanzierung in Wien neu ordnen.
Amon: Das versprechen sie seit Monaten, im Regierungsübereinkommen steht es nicht.

Pilz: Im Gegensatz zur ÖVP können wir Versprechen halten. Wir haben auch eine andere Geschichte, als einzige nicht korrumpierte Partei.
Amon: Hören Sie einmal auf, ich weise das zurück. Das ist das eigentliche Problem des Ausschusses: Sie agieren mit Beschuldigungen, die Sie nicht beweisen können. Ich verteidige Korruption nicht, wenn ich jemanden erwische im Rahmen der Untersuchungen, wird es Konsequenzen geben. Aber ich lasse mir nicht ständig unterstellen, dass ich oder wir als ÖVP Korruption decken.
Pilz: Formulieren wir es anders: Also hat niemand in der ÖVP oder FPÖ etwas bemerkt.
Amon: Das Wesen krimineller Energie ist, dass sie im Verborgenen gedeiht. Bis zu gerichtlichen Entscheidungen gilt auch für alle die Unschuldsvermutung. Mit diesem rechtsstaatlichen Prinzip haben die Grünen ein Problem. Sie leben von Vorverurteilungen.
Pilz: Also wenn (Ex-Finanzminister) Grasser und (Ex-Innenminister) Strasser so lange unbemerkt in der ÖVP ihr Unwesen treiben konnten und es kein funktionierendes Frühwarnsystem gibt, dann hoffe ich, dass derzeit nicht bereits andere ihr Unwesen treiben.
Amon: Na womöglich machen es Grüne.

In der jüngsten OGM-KURIER-Umfrage glauben nur 27 Prozent, dass alle Punkte restlos aufgeklärt werden. Was geben Sie den anderen 73 Prozent mit auf den Weg?
Amon: Niemand kann vor einer Untersuchung sicher sein, dass alles aufgeklärt wird. Das geht der Justiz genauso. Wir können nur für die jeweilige Partei garantieren, dass wir ernsthaft untersuchen. Dass wir uns nicht wechselseitig blockieren. Ob es am Ende einen gemeinsamen Bericht gibt, kann man heute noch nicht sagen. Anzustreben ist es.
Pilz: Das Gefühl der Leute ist: Wir haben eine Diktatur der Finanzmärkte und eine ohnmächtige Politik. Wir trauen ihr nichts mehr zu und trauen ihr nicht mehr über den Weg. Das drücken die 73 Prozent aus. Entweder verstärken wir das Misstrauen oder wir vermindern es durch eine gemeinsame Anstrengung.

Nach dem letzten U-Ausschuss hat Rot-Schwarz versprochen, die Ausschüsse zu reformieren. Passiert ist es bis heute nicht.
Pilz: Da kann ich ausnahmsweise den Kollegen Amon freisprechen. Das passiert ja selten.
Amon: Ja, das freut mich. Das spricht für ihre neue Sachlichkeit.
Pilz: Wir haben seinerzeit gesagt, wir blockieren ein paar Verfassungsmehrheiten, weil wir lassen uns die Untersuchungsausschüsse nicht mehr einfach von der rot-schwarzen Mehrheit abdrehen. Daraufhin haben die Klubobmänner Kopf und Cap unterschrieben: Ihr kriegt eine Reform und der U-Ausschuss wird nach deutschem Vorbild Minderheitenrecht. Dann waren wir an einem Punkt, wo die ÖVP gesagt hat, das wäre jetzt ein Modell, dem könnten wir zustimmen. Und dann hat die SPÖ nicht mitgemacht. Punkt, aus. Das ist nur an der SPÖ gescheitert.
Amon: Das haben Sie völlig korrekt dargestellt.

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