Widerstand gegen Auslagerungen beim Heer

Jetzt beginnt die zweite Runde um die Privatisierung der Truppenübungsplätze. Diesmal geht es aber um alles. Zur Disposition stehen 288 Quadratkilometer (Grafik) – eine Fläche, die so groß ist wie zwei Drittel des Bundeslandes Wien.
Derzeit verwalten Heeresbedienstete die Liegenschaften. Äcker werden an Bauern verpachtet, Wälder werden bewirtschaftet, Jagdlizenzen vergeben. Einschränkungen gibt es durch den Übungsbetrieb und durch Blindgänger.
Im Herbst 2010 startete Verteidigungsminister Norbert Darabos den ersten Versuch, die Bewirtschaftung des 157 Quadratkilometer großen Truppenübungsplatzes Allentsteig an die Bundesforste abzutreten. Der Vorstoß scheiterte im Parlament. Darabos habe den Antrag ins Budgetbegleitgesetz „einschmuggeln“ wollen, meint dazu VP-Chefverhandler Günther Stummvoll. Seitdem herrscht Misstrauen in der Koalition.
Doppelgleisigkeiten

Die Heeresbediensteten erarbeiteten ein Variantenkonzept, wie man noch wirtschaftlicher arbeiten könnte. So könne man Doppelgleisigkeiten bei Buchhaltung, Werkstätten und Schneeräumung abbauen. Weiters gebe es zusätzliche Einnahmemöglichkeiten, etwa geführte Wanderungen durch die Biotope und Schaufütterungen von Wild. Darabos kam der Präsentation des Papiers mit einer neuerlichen Ministerweisung zuvor: Präsidialchef Leopold Dotter bekam den Auftrag, eine neue Studie zu erarbeiten. Die soll in den kommenden Tagen fertig sein. Aus den ministeriellen Planungsaktivitäten ist jetzt auch eine Variante durchgesickert, in der alle Truppenübungsplätze von einer zivilen Betreiberfirma verwaltet werden könnten.
Dagegen tritt eine breite Front von Zivil und Militär gemeinsam auf. Im Lager der Gegner versammelt sich die gesamte Armeespitze wie Generalstabschef Edmund Entacher und Streitkräftekommandant Günter Höfler, die Personalvertretung, die Gewerkschaft und die Landeslandwirtschaftskammer. Auch Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich, dem die Bundesforste unterstehen, verlautbarte parteiintern, dass er an militärischen Übungsflächen überhaupt nicht interessiert sei. Als Privatisierungsbefürworter konnten bisher nur Darabos und sein Kabinettchef Stefan Kammerhofer ausgemacht werden.
Gegenargumente
Die Gegner argumentieren, dass man mit einer privaten Verwertungsgesellschaft schon schlechte Erfahrungen gemacht habe. So wurde die SIVBG für den Verkauf nicht mehr benötigter Kasernen gegründet. Ihre Sinnhaftigkeit wird vom Rechnungshof infrage gestellt. Ein Negativbeispiel für privatisierte Übungsflächen gäbe es außerdem schon am Truppenübungsplatz Bruck-Neudorf. Dort zahlt das Heer jährlich 1,5 Millionen Euro Pacht an die Gut Königshof GmbH – nutzt die Flächen aber nicht, weil kein Geld für Flurschäden da ist.
In Allentsteig wird der Bauernaufstand vorbereitet. Die Zwettler Gewerkschafterin Rosa Golob-Fichtinger fordert: „Stoppt den Auslagerungswahnsinn.“ Sie will österreichweit den Widerstand organisieren. Die Kollegen vom Alpin-Ausbildungszentrum am Dachstein werden nicht mehr dabei sein. Die 53.000 Quadratmeter große Anlage wurde samt Unterkünften und Seilbahn vergangene Woche um 173.000 Euro verkauft.
Befürworter: Synergien des Großbetriebes
Minister Darabos verteidigt sein Projekt. Die Bewirtschaftung durch die technisch auf dem neuesten Standard befindlichen Bundesforste sei natürlich wirtschaftlicher als mit den derzeit kleinen Einheiten. Da ließen sich eben die Synergien eines Großbetriebes nutzen. Die geplante Zusammenfassung aller Truppenübungsplätze in eine Gesellschaft lässt er dementieren.
Bei den Österreichischen Bundesforsten hat man mit Presseanfragen keine rechte Freude. Es sei sie alleinige Entscheidung von Minister Darabos, von wem er die Flächen bewirtschaften lasse. Seitens der Bundesforste gäbe es keinen offiziellen Kommentar dazu.
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