Werte auf Bewährung

So viel Persönliches war von Michael Spindelegger noch nie zu hören wie am Montag in der Hofburg. Am nachhaltigsten in Erinnerung bleiben soll wohl die Redepassage über seinen 93-jährigen Vater: Als lebendiges Beispiel für jene Generation, die Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgreich wiederaufgebaut hat – mit "Anstand, Respekt und Fleiß" (Spindelegger). Diese Werte der Nachkriegsgeneration will der ÖVP-Chef wiederbeleben – er plakatiert sie ab sofort landauf, landab.
Weil Österreich 2012 wieder in Trümmern liegt?
Spindeleggers "Österreich-Rede" ist zuallererst an seine Parteifreunde gerichtet. In etwa einem Jahr stehen Wahlen an. Die Startpositionen sind längst bezogen: Hie der rote Gerechtigkeits-Feldzug, dort die blaue Inländer-first-Offensive. Der grundsolide, aber emotionsarme ÖVP-Chef und seine grundsolide, aber emotionsarme Partei drohen zwischen diesen Fronten zerrieben zu werden. Gestern hat der Parteiobmann seinen "inneren Kompass" für seine Parteifreunde sichtbar gemacht. Will er politisch überleben, muss er ab heute die proklamierten Ecken und Kanten für die Wähler sichtbar machen.
Gestern hat er die schwarzen zehn Gebote 2012 beim Namen genannt. Ab heute muss er den alten Werten im Regierungsalltag ein neues Gesicht geben.
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