VP-Klubchef: "Flotte Dreier-Koalition"

Auch ÖVP-Abgeordnete haben Martin Graf zum Dritten Nationalratspräsidenten gewählt. Er zieht sich jetzt aus jener Stiftung einer Pensionistin zurück, die für Skandal-Schlagzeilen sorgt. Nationalratspräsident bleibt er aber. Zu Recht?
KURIER: Herr Klubobmann Kopf, ist Graf als Nationalratspräsident tragbar?
Karlheinz Kopf: Die Optik dieser Stiftungsangelegenheit ist fatal. In der Sache, die ihm vorgeworfen wird, gibt es bis heute aber keine strafrechtliche Verurteilung, also ist das eine politisch-moralische Frage. Den Verbleib Grafs in diesem Amt hat niemand anderer zu verantworten als er selbst, die FPÖ und ihr Obmann Strache.
Angenommen, Graf wäre bei der ÖVP: Würden Sie ihm den Rücktritt empfehlen?
Wäre er ÖVP-Funktionär, würde ich es ihm nahelegen.
Selbst für den Fall, dass Graf wegen Betrugs verurteilt wird, ist er nicht abwählbar.
Ich halte es nicht für richtig, dass es in der Verfassung – anders als beim Bundespräsidenten – bei den drei Nationalratspräsidenten keine Möglichkeit gibt, sie aus dem Amt zu entfernen, selbst wenn sie strafrechtlich verurteilt worden sind. Darum bin ich für eine Gesetzesänderung: Jede strafrechtliche Verurteilung sollte dazu führen, dass der Nationalrat beim Verfassungsgericht die Ablöse beantragen kann. Ich bin aber weiterhin dagegen, dass man einen Nationalratspräsidenten bloß wegen politischer Missliebigkeit abwählen kann.
Die ÖVP will mehr Volksabstimmungen. Geben Sie damit nicht Populisten neue Waffen in die Hand?
Nein, das Parlament wird ja weiterhin die Gesetze beschließen. Aber wir schlagen einen dritten Weg vor, Gesetze zu initiieren: Nicht nur Regierung und Abgeordnete, auch die Bevölkerung soll das machen können. Die Politik darf nicht zum Spielball von Populisten werden.
Wie wollen Sie das gewährleisten?
Kern unserer Vorschläge ist die Gesetzesinitiative des Bundesvolkes. Knapp 650.000 Unterschriften bräuchte es, um einen Gesetzestext ins Parlament einzubringen. Dort kann er beschlossen oder verworfen werden. Wenn er verworfen wird, soll es eine Volksabstimmung gehen. Das ist ein anderer Vorgang, als wenn Herr Strache versucht, billig ein paar Punkte zu machen.
Soll es bei Volksabstimmungen eine Teilnahme-Untergrenze geben, ab der das Ergebnis erst bindend ist?
50 Prozent könnten eine Untergrenze sein.
Ein weiteres Mittel gegen Politiker-Verdrossenheit soll das Transparenz-Paket sein. Werden Sie eher mit Blau oder Grün handelseins?
Nachdem das BZÖ mit völlig unrealistischen Forderungen praktisch aus den Verhandlungen ausgestiegen ist, wollen wir möglichst mit FPÖ und Grünen eine Vier-Parteien-Einigung erzielen. Wenn sich alle etwas bewegen, ist ein Kompromiss möglich.
Mangels Zweier-Mehrheiten könnte nach der Wahl eine Dreier-Koalition nötig sein. Wird ein Dreier in der Politik modern?
Wenn er flott ist.
Für Minister Berlakovich ist Schwarz-Grün "keine Option". Die Grünen seien "wie eine Melone: außen grün, innen rot". Auch für Sie?
Die Grünen sind eine Partei, die das Dagegensein als Programm hat und vom undifferenzierten Krawallmachen des Herrn Pilz bestimmt wird. Das reicht nicht für Regierungsarbeit. Sie sind außen grün und innen leer.
Also doch eher flott retour Richtung Schwarz-Blau?
Flott geht vor der Wahl gar nichts, was Koalitionsfestlegungen betrifft.
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