Vergewaltigung durch Soldaten?
Uns fehlen bisher Zeugen", sagt der Tiroler Militärkommandant Herbert Bauer. Bisher seien die Aussagen, die die 61-jährige Hanni P. im KURIER getätigt hat, die einzigen Hinweise auf Vergewaltigungen in der Erziehungsanstalt St. Martin (Schwaz in Tirol) durch Bundesheer-Soldaten.
Wie berichtet, soll die damals 16-jährige Hanni P. im Zuge eines Maskenballs im Heim von mehreren Soldaten sexuell missbraucht worden sein. Verteidigungsminister Norbert Darabos hat eine Untersuchungskommission angekündigt, die mittlerweile unter dem Vorsitz von Generalmajor Bauer ihre Arbeit aufgenommen hat. "Es haben sich einige ehemalige Heimkinder bei uns gemeldet, Hinweise auf Vergewaltigungen konnten sie uns aber nicht geben." In zwei Wochen wird es ein Gespräch mit Hanni P. geben.
"Die Madln"
Ein "Zeuge aus zweiter Hand" hat sich beim KURIER gemeldet. Der Tiroler Leonhard G. war in den Jahren 1966/’67 als Grundwehrdiener bei den Pionieren in Schwaz. Er berichtet von Gesprächen unter Unteroffizieren, die er oft mitgehört habe: "Gewisse Unteroffiziere haben angegeben, dass man an die Madln von St. Martin ganz leicht herankommt." Und zwar beim Liefern der schmutzigen oder beim Abholen der sauberen Wäsche. Die Heereswäsche wurde in St. Martin von den 15- bis 18-jährigen Mädchen gereinigt und gebügelt. "Die sind im Heim mit den Madln ins Bett, die waren Freiwild für die", sagt Leonhard G.
Waltraud R., 61, war zur gleichen Zeit wie Hanni P. in St. Martin eingesperrt. Sie spricht von der "Ambivalenz der Faschingsbälle". "Einerseits war es eine Abwechslung, wir konnten uns schminken und schön anziehen." Andererseits sei einem klargemacht worden, dass man nur ein Mensch zweiter Klasse sei. "Nicht einmal die Brötchen durften wir essen. Die waren nur für die Gäste." Sie habe am Faschingsdienstag 1968 mit Soldaten getanzt. "Die waren sehr herablassend."
Hanni P. schilderte, dass sie und andere Mädchen von einer Erzieherin gerufen worden und dann in unterschiedliche Zimmer gebracht worden seien. Dort sei sie von "Bundesheerlern" vergewaltigt worden. Waltraud R. erinnert sich: "Ich weiß, dass Mädchen aus dem Saal geholt wurden. Es hat geheißen, die müssen servieren." Dabei hätten die Soldaten ja bereits zu essen und zu trinken gehabt. "Jetzt kann ich mir vorstellen, was die serviert bekommen haben."
Hotline: Betroffene können sich melden
Gratis Das österreichische Bundesheer hat eine Hotline für ehemalige Heimkinder eingerichtet. Neben jungen Frauen, die ohne Bezahlung Wäsche für das Heer gewaschen haben (das Heer hatte die Aufträge direkt an das Heim St. Martin bezahlt), werden auch mögliche Vergewaltigungsopfer gebeten, sich unter der kostenlosen Nummer 0810/300490 zu melden.
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