"VatiLeaks" schürt Unruhe im Kirchenstaat

Papst Benedikt XVI. spricht von einem Balkon aus vor einer Statue.
Der Vatikansprecher bestreitet Gerüchte über einen Machtkampf: "Man will die Kirche in ein schlechtes Licht stellen."

Die "VatiLeaks"-Affäre macht der Kirchenspitze in Rom zu schaffen: Wie einst die USA mit WikiLeaks, so kämpft nun der Vatikan mit seinen "Leaks" – vertraulichen Dokumenten, die an die Öffentlichkeit gelangten. "Mit der Veröffentlichung will man die Führung der Kirche in ein schlechtes Licht stellen", betont Vatikansprecher Pater Federico Lombardi.

Der letzte Fall der "VatiLeaks"-Serie – ein Schreiben, das ein angebliches Mordkomplott gegen Papst Benedikt XVI. ankündigt – sorgte für internationales Echo. Lombardi, der die Aktennotiz nicht leugnet, tut das vertrauliche Schreiben als "Wahnvorstellung" ab. Dennoch nahm er das "verrückte Papier" zum Anlass, um in Radio Vatikan auch auf weitere Fälle einzugehen, die in den letzten Wochen für Aufregung sorgten.

Missbrauch und Korruption

So geriet die Finanzverwaltung des Vatikan durch Korruptionsvorwürfe in Verruf. Der ehemals hohe Verwaltungsbeamte, Erzbischof Viganò, der gegen die Misswirtschaft protestierte, wurde nach Washington versetzt.

Eine weitere "Aufdeckung" betraf die Vatikanbank IOR, der mangelnde Transparenz und Kooperation mit italienischen Behörden vorgeworfen wurde. Lombardi erinnert nun daran, dass Papst Benedikt vor einem Jahr strenge Richtlinien gegen Geldwäsche erlassen hat.

Auch die Missbrauchskandale wurden angesprochen: Die Angriffe auf die Kirche wegen dieser Fälle hätten, so betont Lombardi, zu einem "ernsthaften Engagement für eine langfristige Erneuerung" geführt. Dennoch sei es traurig, dass durch illoyales Verhalten interne Dokumente des Vatikans veröffentlicht werden und Chaos schüren.

Für den Vatikan-Experten Marco Politi handelt es sich bei Lombardis Auftritt um einen Versuch, die turbulente Situation zu beruhigen: "Lombardi versucht zu zeigen, dass der Papst regiert und das Ruder in der Hand hat", sagt er zum KURIER. Dennoch seien Intrigenspiele und der tobende Machtkampf um die Nachfolge von Benedikt offensichtlich. In der Kurie herrsche Unruhe.

Vor allem bestehe Unmut über die Führung von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone. Die "rechte Hand" des Papstes werde als "Fremdling in der Kurie erlebt, der nicht aus der vatikanischen Maschinerie kommt, und über keine diplomatische Erfahrung verfügt". Interessant am "romanhaften" Brief des Mordkomplotts ist für Politi weniger der Inhalt, sondern das politische Ziel: "Man protestiert damit gegen die Führung von Bertone und will dessen Ablöse erzwingen. Und man will zeigen, dass es zwischen Bertone und dem Papst Probleme gibt."

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