USA liefern Ziele, Türkei bombardiert
Was kurdische Vertreter schon seit langem munkeln scheint jetzt bestätigt zu sein: Die USA unterstützen die Türkei massiv bei ihrem Kampf gegen die verbotene kurdische Arbeiterpartei
PKK. Das geht laut dem Spiegel aus US-Depeschen hervor, die von der Enthüllungsplattform WikiLeaks veröffentlicht wurden.
Demnach wurde bereits im November 2007, unter dem ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush und dem türkischen Premierminister Recep Tayyip Erdogan, eine gemeinsame Dienststelle in Ankara gegründet, in der amerikanische und türkische Offiziere kooperieren. In dieser "Combined Intelligence Fusion Cell", kurz CIFC, würden Aufklärungsdaten und Geheimdienstinformationen "rund um die Uhr" ausgetauscht, berichtet der Spiegel in seiner Online-Ausgabe.
US-Drohnen spähen Kurdenstellungen aus
Konkret geht es dabei um Aufklärungsdaten, die US-Aufklärungsflugzeuge und unbemannte Drohnen gezielt im Nordirak sammeln. Besonders nützlich seien die "Predator"-Drohnen: Sie liefern ihre Daten in Echtzeit und erlauben damit schnelle und präzise Angriffe - sogar gegen bewegliche Ziele im Nordirak.
In den dortigen Bergen befinden sich die Stellungen und Trainingscamps der PKK, die seit 1984 gegen den türkischen Staat und für mehr Autonomie der Kurden in der
Türkei kämpft. Mithilfe der von den Amerikanern gesammelten Daten konnten türkische Militär-Jets in den vergangenen Jahren zahllose Angriffe gegen die kurdischen Rebellen fliegen, wie laut Spiegel aus den geheimen Depeschen hervorgeht. Im ersten Jahr der Zusammenarbeit habe die Lieferung von "Echtzeit-Informationen" an die Türken zu mehr als 200 Militärschlägen auf Kurdenstellungen im Nordirak geführt, kabelte US-Botschafter James Jeffrey Ende 2008 aus Ankara nach Washington.
Kurden verärgert
"Diese Enthüllung bestätigt nun, was wir bereits wussten", reagiert der Kurdenvertreter Mevlüt Kucukyasar im Gespräch mit KURIER.at. Er ist Obmann von Feykom, dem Dachverband der Kurdischen Vereine in Österreich. Statt die Türkei bei ihren Angriffen auf die PKK zu unterstützen, solle sich Washington in der Kurdenfrage für einen Dialog einsetzen. "Die USA unterstützen die anti-demokratische Linie Ankaras, indem sie keine Stellung zu Repressalien der Kurden in der Türkei nimmt", so der Kurdenvertreter. Etwa seien "seit April 2009 mehr als 3.000 kurdische Vertreter" grundlos verhaftet worden, darunter Abgeordnete und Bürgermeister. "Die Kurdenfrage ist nur durch einen Dialog lösbar, in den auch die PKK eingebunden werden muss", so Kucukyasar. Die Gründung der Arbeiterpartei PKK - die von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuft wird - sei "ein Ergebnis des Kurdenkonflikts in der Türkei gewesen, nicht der Grund dafür."
Auch Europa beteiligt?
Pikant ist bei der aktuellen WikiLeaks-Enthüllung übrigens auch ein Hinweis in auf eurpäische Beteiligung: Demnach haben die Amerikaner auch Erkenntnisse "von Geheimdiensten, die das Europäische Kommando unterstützen" mit den Türken geteilt. Zu den Diensten, die mit dem regionalen Oberkommando der US-Streitkräfte (EUCOM) in Stutgart-Vaihingen kooperieren, gehört auch der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND). Es sei derzeit unklar, ob Daten der BND dazu benutzt wurden, PKK-Ziele zu orten und zu bombardieren; "doch die politische Brisanz eines solchen Vorgangs wäre enorm - ganz gleich ob der BND eingeweiht war oder nicht", so die Schlussfolgerung des Spiegel.
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