Unwetter: "Wer schnell hilft, hilft doppelt"

Auf dem Boden drehen sich Ventilatoren. Sie sollen helfen, die Zimmer trockenzulegen. Auch Entfeuchter hat Armin Torggler aufgetrieben. "Bis da oben ist der Schlamm gestanden", schildert der 28-Jährige und zeigt auf die Kante eines nassen Küchenkastls. "Da hinten hat’s die Fenster rausgedrückt."
400 Jahre alt ist das Bauernhaus der Familie im obersteirischen St. Lorenzen, dessen Erdgeschoß durch die Mure Samstagfrüh völlig zerstört wurde. Torggler und seine 25-jährige Verlobte Ute Gabler leben dort gemeinsam mit Utes Eltern Gundi und Heinz Gabler.
Alles weg
Von ihrem Besitz ist der Familie nicht viel geblieben. Traktoren, Autos, Schuppen alles weg. Einrichtung und der Großteil der Kleidung ebenso. "Nicht einmal Schuhe haben wir gehabt am Samstag", sagt Torggler. "Die Feuerwehrkameraden haben uns dann Stiefel gebracht."
Doch die Familie braucht anderes noch dringender: Eine Tür, ein paar Fenster das ist das Nötigste. "Eine Wohnzimmereinrichtung brauchst nicht unbedingt", betont Armin Torggler. "Aber wir müssen das Haus wieder dicht kriegen."
KURIER-Soforthilfe
Die Solidarität mit den Betroffenen in St. Lorenzen ist allgemein groß. Doch der KURIER sorgt in Kooperation mit der Bundesinnung Bau der Wirtschaftskammer Österreich für rasche und unbürokratische Soforthilfe: Innungsmeister Hans-Werner Frömmel sagte zu, dass die Innung die Material- sowie Einbaukosten für Eingangstür und vier Fenster der Familie Gabler-Torggler übernimmt.
"Das ist für uns selbstverständlich, da machen wir mit. Wer schnell hilft, hilft ja doppelt", versichert Frömmel. "Man ist ja selbst geschockt, wenn man die Bilder aus dem Ort sieht. Und ich muss den Menschen dort meine Bewunderung aussprechen, dass sie aufbauen, dass sie bleiben." Bereits heute, Freitag, kommen Baumeister und Tischler zur Familie, um Vorarbeiten durchzuführen.
Am 11. August wollen Ute und Armin übrigens heiraten. Nach der Katastrophe haben sie überlegt, die Hochzeit zu verschieben. "Aber jetzt erst recht", sagt das Paar. Es wird wohl ein Dorffest werden, auch für die freiwilligen Helfer, die im gesamten Ort tätig waren, hofft Armin. "Das ist ein Zeichen für St. Lorenzen, dass es wieder aufwärtsgehen wird."
SPENDENKONTEN
Caritas, "Soforthilfe Unwetterkatastrophe Steiermark", PSK, Konto-Nr.: 7.925.700
Volkshilfe, "Unsere Gemeinden unsere Hilfe", BAWAG/PSK, Konto-Nr.: 86210 064 984
Mehr Hochwasserschutz für St. Lorenzen

In St. Lorenzen regnet es immer wieder, die Evakuierungen bleiben aufrecht. Am Donnerstag führte Umweltminister Nikolaus Berlakovich einen Lokalaugenschein durch. Berlakovich erklärte, dass er die Soforthilfe auf zwei Millionen Euro aufgestockt habe. Dies würde mit weiteren Investitionen insgesamt sechs Millionen Euro nach St. Lorenzen bringen.
Damit sollen der Hochwasserschutz verbessert und Infrastrukturschäden beseitigt werden. Die Entschädigung der Hauseigentümer liege beim Katastrophenfonds. Berlakovich rechnet noch im August mit konkreten Entschädigungszahlungen.
Der Minister fordert auch ein ausnahmsloses Bauverbot in roten Gefahrenzonen: "Die roten Zonen sind aufgrund der hohen Gefährdung von der Bebauung freizuhalten. Das Risiko ist zu groß." Bisher wird dieses Bauverbot oft umgangen.
Der Umweltminister lobte auch die Kooperation der Blaulichtorganisationen mit dem Bundesheer. Und er bekräftigte in St. Lorenzen seine Haltung in der laufenden Debatte um die Wehrpflicht: Nur mit Wehrpflichtigen könne man bei Katastrophen die nötige Anzahl von Helfern über einen längeren Zeitraum aufrecht erhalten. Eine Berufsarmee, so Berlakovich, sei dazu nicht in der Lage.
Aber nicht nur in St. Lorenzen bleibt die Situation angespannt. In der Nacht zum Donnerstag wurden nach einem Platzregen ganze Straßenzüge in Graz-St. Peter überschwemmt. Petersbach und Ragnitzbach traten über die Ufer, die Petersbergenstraße war eine Zeit lang nicht passierbar.
Überflutungen auch in Wien

Nicht nur in der Steiermark, auch im restlichen Österreich sorgten die heftigen Regenfälle für zahlreiche Murenabgänge und Überschwemmungen. In Wien etwa wurden in der Nacht zum Donnerstag Simmering und Teile Favoritens von Starkregen unter Wasser gesetzt.
"Das Wasser stand zentimeterhoch im Garten meines Hauses", erzählt der Simmeringer Gerhard Hanzl. Noch immer stehen Wasserlacken in seinem Geräteschuppen. Der Regen überflutete viele Gebäude und Keller. Die Wiener Feuerwehr verzeichnete 170 Einsätze.
Die Gleise der Ostbahn und ein Teil des Zentralverschiebebahnhofs in Simmering wurden ebenfalls überschwemmt. Die Folge waren Zugverspätungen von bis zu 25 Minuten. In der Kaiserebersdorfer Straße hat das Wasser kurzfristig auch den Straßenverkehr lahmgelegt.
Maßnahmen
Überflutungen gab es in Simmering nicht zum ersten Mal. "Das ist fast schon Normalität hier", schimpft Anrainer Gerhard Hanzl. Bei "Kanal Wien", dem zuständigen Kommunalbetrieb, bringt man das Problem auf den Punkt: "Simmering ist der tiefste Punkt der Stadt. Hier fließt alles zusammen." Nächstes Jahr will man Abhilfe schaffen. Geplant ist der Bau eines Speicherbeckens und zweier Speicherkanäle.
Wetterprognose
Der Ausblick auf das Wochenende ist unerfreulich: In weiten Teilen Österreichs werden Gewitter erwartet, die zum Teil auch wieder sehr heftig ausfallen können. Die Gefahr neuer Murenabgänge und Überschwemmungen besteht also weiter.
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