Unwetter-Einsatzbefehl: Schlamm schaufeln

Ein olivgrüner Stoffgürtel mit einer Schnalle mit dem österreichischen Bundesadler liegt auf einer Hose.
Sie räumen Dreck weg, bauen kaputte Brücken wieder auf: Soldaten im Hilfs­einsatz am Beispiel St. Lorenzen.

Das ist irrsinnig schnell gegangen. Gleich nach der Angelobung hat es geheißen: ,Einsatz!"", erinnert sich Raphael Krenn. Keine zwei Monate war der 20-Jährige beim Bundesheer, als er nach St. Lorenzen abkommandiert wurde, zum Katastropheneinsatz.

Seither ist der Grundwehrdiener mit rund 40 Kameraden des Baupionier- und Katastropheneinsatzzuges im Ort. "Wenn man die Bilder sieht, wie es hier vorher ausgeschaut hat und jetzt nachher, ist man schon sehr stolz darauf, was wir hier gemacht haben", überlegt Krenn. Am 21. Juli wälzte sich eine gewaltige Mure durch St. Lorenzen, der kleinen Katastralgemeinde von Trieben in der Obersteiermark. Der halbe Ort war betroffen, Dutzende Häuser wurden beschädigt, eines weggespült.

19 neue Brücken

Sechs Wochen danach sind die ärgsten Schäden beseitigt, die Bewohner reparieren ihre Häuser. Für das Bundesheer ist der Einsatz auch noch nicht vorbei. Von 64 Schadstellen, die das Heer beheben sollte, sind 54 abgearbeitet, berichtet Einsatzleiter Vizeleutnant Josef Pfeifer. So wurden Verklausungen entfernt und sogenannte Krainerwände errichtet, um Hänge zu sichern. An Bachläufen wurden Querwerke gebaut, um Eintiefungen zu verhindern. Außerdem hatten die Soldaten 19 Brücken auf ihrer Liste, 13 sind bereits neu gebaut, vier vor der Fertigstellung.

Vizeleutnant Pfeifer war einer der ersten in St. Lorenzen, um nach einer Alarmierung durch die Landeswarnzentrale zu schauen, wie viele Hilfskräfte des Heeres benötigt würden. "Fünf, sechs Stunden nach der Katastrophe war die erste Kompanie da. Das ist sehr, sehr rasch."

100.000 Stunden

Daraus wurden bis jetzt 9000 Manntage, wie es das Militär bezeichnet. "Wenn ich die alle an einem Tag einsetzen würde, hätte ich 9000 Leute da gehabt", übersetzt Pfeifer. Der Höchststand an einem Tag lag bei 425 Soldaten, darunter 200 Rekruten. 1000.000 Arbeitsstunden wurden seit den ersten Unwettern im Raum Trieben Ende Juni geleistet. steiermarkweit schnellen die Folgekosten nach Unwettern heuer in Rekordhöhen: 40 Millionen Euro an Privatschäden gibt es nach einer vorläufigen Bilanz, 50 Mio. Euro im öffentlichen Bereich.

Nach dem langen Einsatz sind die Grundwehrdiener in St. Lorenzen froh, wieder heim zu dürfen, kommende Woche werden die meisten Soldaten abgezogen, der Großeinsatz beendet. "Das war aber eine sinnvolle Sache", sagt Daniel Steirer, 19. "Bevor ich irgendwas anderes tu, helf’ ich lieber den Leuten hier." Dann schmunzelt der junge Mann. "Außerdem kann ich jetzt Brücken bauen."


Bundesheer: Menschen retten und Dämme bauen

Einsatzarten Die Palette reicht von Windenbergungen aus der Luft und Hilfe nach Windbruch sowie Brandbekämpfung mit Löschflugzeugen bis zur Seuchenprävention – etwa der Bekämpfung der Maul und Klauenseuche. Soldaten suchen vermisste Personen, spüren Giftstoffe wie Anthrax auf. Sie retten Lawinenopfer und bergen Todesopfer – wie etwa in Kaprun.

Geschichte Beim ersten Hochwassereinsatz im Jahr 1965 in Kärnten, Osttirol, Salzburg und Tirol kamen 3000 Soldaten zum Einsatz. Bereits ein Jahr später mussten in Salzburg. Osttirol, Kärnten und Steiermark täglich 3300 Mann eingesetzt werden.

Großeinsätze Die Lawinenkatastrophe von Galtür im Februar 1999 erforderte die größte Evakuierungsaktion mittels Hubschraubern in der Geschichte. Am personalintensivsten war der Hochwassereinsatz 2002 in Ober- und Niederösterreich. 11.300 Soldaten wurden beim Einsatz benötigt. Sie evakuierten 12.650 Menschen und zahlreiche Tiere, verteilten 25.000 Essensportionen aus Feldküchen an die Bevölkerung und verlegten 195.000 Sandsäcke.

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