UNO: Massaker galt Rebellen

Der Angriff auf das syrische Dorf Tremseh am vergangenen Donnerstag galt nach Ansicht der UNO-Beobachter wohl vor allem Gegnern des Assad-Regimes. "Die Attacke richtete sich offenbar gegen bestimmte Gruppen und Gebäude vor allem von Armee-Deserteuren und Aktivisten", teilten die Blauhelme am Samstagabend mit, nachdem sie das Dorf in der zentralen Provinz Hama in Augenschein genommen hatten. Wie viele Menschen bei den Kämpfen getötet wurden, sei noch unklar. Die Untersuchungen in dem Dorf würden am heutigen Sonntag fortgesetzt.
Man habe "Blutlachen, Blutspritzer und Patronenhülsen in einer Reihe von Wohnhäusern" gesehen, heißt es in der Erklärung der UNO-Beobachter. Auch eine niedergebrannte Schule und beschädigte Häuser mit Brandspuren seien untersucht worden. Nach Angaben der Inspektoren kam eine Vielzahl an Waffen zum Einsatz, darunter Artillerie, Mörser und Handfeuerwaffen.
Das Blutbad von Tremseh hatte international für Entsetzen gesorgt. Während Regimegegner den Truppen von Präsident Bashar al-Assad vorwarfen, ein Massaker mit bis zu 250 Toten an den Dorfbewohnern verübt zu haben, sprach die Regierung von einem Einsatz gegen "terroristische Banden" - die in Damaskus gebräuchliche Bezeichnung für Regimegegner.
Zwei Tage hatten die UNO-Vertreter warten müssen, bis sie Tremseh inspizieren konnten. Mit elf Fahrzeugen fuhren die militärischen und zivilen Beobachter am Samstag in das Dorf rund 25 Kilometer nordwestlich von Hama. "Das Team hat Fotos von bombardierten Häusern gemacht und Granatsplitter gesammelt, um herauszufinden, mit welchen Waffen das Regime gegen Zivilisten vorgegangen ist", sagte ein Aktivist der Nachrichtenagentur dpa.
Auf Bildern und in Videos im Internet war zu sehen, wie Menschen den Beobachtern blutgetränkte Kleidung und Überreste von Granaten zeigten. "Das sind russische Waffen", rief ein wütender Mann. Russland ist der wichtigste Verbündete und Waffenlieferant von Machthaber Assad. Die Veto-Macht blockiert gemeinsam mit China im UNO-Sicherheitsrat Resolutionen, die ein schärferes Vorgehen gegen Damaskus ermöglichen würden.
Unterdessen hielt die Gewalt in Syrien am Samstag an: Nach Angaben des oppositionellen Syrischen Beobachtungszentrums für Menschenrechte kamen landesweit fast 120 Menschen ums Leben, darunter 49 unbewaffnete Zivilisten.
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete das Massaker von Tremseh als versuchten "Völkermord". Das syrische Volk werde dafür sorgen, dass die Regierung für Massaker wie die mutmaßliche Tötung von Dutzenden Menschen in dem syrischen Bauerndorf bezahle, sagte Erdogan am Samstag. Derartige Gewalttaten seien "die Spuren eines Regimes, das vor dem Ende steht", sagte der türkische Regierungschef. Auch der französische Präsident Francois Hollande betonte am Samstag in einem Fernsehinterview zum Anlass des Nationalfeiertags, dass Assad abtreten müsse.
Amnesty: Auch Rebellen verletzten Menschenrechte
Amnesty International liegen nach eigenen Angaben Beweise aus Syrien vor, die Menschenrechtsverletzungen auch durch Rebellen belegen. Im Vergleich zum gewaltsamen Vorgehen der Regierungstruppen verblassten diese allerdings. Das sagte Donatella Rovera, die kürzlich für Amnesty mehrere Wochen in Syrien verbrachte, am Freitag in Washington. Einzelne Aufständische hätten gegen die Menschenrechte verstoßen, indem sie Soldaten von Präsident Bashar al-Assad gefangen genommen, geschlagen und getötet hätten. "Sie fangen Leute, und wir haben Beweise gesehen, wie sie sie geschlagen haben ... und in einigen Fällen haben sie sie getötet", sagte Rovera der Nachrichtenagentur Reuters nach einem Vortrag am Zentrum für Strategische und Internationale Studien.
Rovera betonte, dass in erster Linie die Regierung für die eskalierende Gewalt verantwortlich sei. Assads Truppen hätten ganze Dörfer angegriffen, um den sich ausbreitenden Aufstand zu unterdrücken. Berichte deuteten daraufhin, dass Assad-treue Kämpfer in einigen Fällen Kliniken und Häuser in Brand gesetzt hätten, um Rebellen aufzustöbern. Zunehmend griffen sie auch unbewaffnete Zivilisten an, darunter Gesundheitspersonal, das verletzte Rebellen behandelte, die nicht in Krankenhäusern aufgenommen worden seien. So seien drei medizinische Assistenten kürzlich festgenommen worden. "Nach einer Woche wurden ihre Leichen mit eindeutigen Folterspuren gefunden. Ihre Nägel waren herausgerissen, ihr Zähne fehlten ... und die Leichen waren angezündet worden. Damit sollte eine klare Botschaft gesendet werden, dass es keine gute Idee ist, bei solchen humanitären Aufgaben mitzumachen."
Insgesamt wurden nach Angaben der oppositionellen Beobachterstelle für Menschenrechte seit Beginn des Aufstands gegen Assad im März 2011 mehr als 17.000 Rebellen, Zivilisten und Regierungstruppen getötet.
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