Umwelt: Berlakovich kontra Glawischnig

Umwelt: Berlakovich kontra Glawischnig
Die Grünen-Chefin lässt kein gutes Haar am ÖVP-Umweltminister. Für den KURIER trafen die beiden einander zum ersten Streitgespräch.

Zwei hauptamtliche Ökos, das müssten eigentlich zwei politische Verbündete sein. Aber Umweltminister Niki Berlakovich (ÖVP) und Grünen-Chefin Eva Glawischnig werden keine Verbündeten mehr: Berlakovich ist der Lieblingsgegner der Grünen, Glawischnig nannte ihn den "schwächsten Umweltminister", den das Land je hatte. Er mache nichts, "außer sich mit Bio-Ziegen und Öko-Autos" fotografieren zu lassen und "Inserate zu schalten". Berlakovich sagt, die Grünen seien "eindimensional" und würden nur Haltungsnoten vergeben. Aber obwohl Glawischnig seit Oktober 2008 Chefin der Ökopartei und Berlakovich seit Dezember 2008 Minister ist, hat es in diesen drei Jahren noch keine ausführliche Debatte der beiden gegeben. Der KURIER hat zur Premiere gebeten.

KURIER: Wir beginnen mit einem Zitat: "Seit Jahren sind wir in Österreich vor allem mit grünreden und Politikmarketing beschäftigt, anstatt die CO2-Reduktionspotentiale zu heben. Ich finde die österreichische Kyoto-Performance peinlich." Wer sagt das, Herr Minister?
Niki Berlakovich:
Das klingt wie ein Grünen-Zitat. Aber wahrscheinlich kommt es aus einer anderen Ecke.

Von ihrem Tiroler Parteikollegen Richard Seeber, dem Umweltsprecher der Europäischen Volkspartei.
Berlakovich: In Österreich wurde zu wenig für den Klimaschutz getan, sonst würden wir ja die Kyoto-Ziele erreichen. Das neue Klimaschutzgesetz holt jetzt alle mit ins Boot, auch die, die bisher Sonntagsreden gehalten aber nichts getan haben.

Fakt ist: Österreich wird die Kyoto-Ziele nicht erreichen. Und deshalb drohen horrende Strafen.
Glawischnig:
Wir müssen Verschmutzungsrechte in der Größenordnung Hypo Alpe-Adria nachkaufen.
Berlakovich: Bedauerlich, dass Sie immer wieder mit maßlosen Übertreibungen agieren. Da muss man die Kirche im Dorf lassen.
Glawischnig: 1,5 Milliarden Euro hat die Republik bei der Hypo gezahlt, in dieser Größenordnung werden wir für die Nicht-Erreichung der Kyoto-Ziele zahlen müssen.
Berlakovich: Das ist Spekulation, weil noch niemand weiß, wie groß die Zielverfehlung 2012 sein wird. Wir kalkulieren mit 600 Millionen. Der Punkt ist: Ich sehe die Grünen als strategischen Partner in Umweltfragen. Aber Sie bekämpfen mich.
Glawischnig: Ich bekämpfe schlechte Politik.
Berlakovich: Sie vergeben bekanntermaßen nur Haltungsnoten. Das ist bedauerlicherweise zu wenig.

Die Kyoto-Ziele wurden 1997 festgelegt, die hat der Minister geerbt.
Glawischnig:
Ich habe nie kritisiert, dass er das Ziel knapp verfehlt hat. Das Ziel minus 13 Prozent ist hochgesteckt, ja. Aber wir haben ein Plus von neun! Selbst wenn wir uns gar kein Ziel gesetzt hätten, hätten wir ein Plus, und das ärgert mich.
Berlakovich: In Europa erreichen viele Staaten die Ziele nur, weil sie auf Atomkraft setzen.
Glawischnig: Um Emissionen mithilfe der Atomkraft zu reduzieren, hätten diese Länder AKW bauen müssen. Aber kein Land, das seine Ziele erreicht hat, hat ein neues gebaut. Österreich hätte so historisch gute Voraussetzungen für die Wasserkraft.
Berlakovich: Die Sie verhindern.
Glawischnig: Wo Grüne konkret Politik machen, wird verträgliche Wasserkraft möglich. Rudi Anschober (Umweltlandesrat, Anm.) hat 65 Wasserkraftwerke in Oberösterreich genehmigt.

Die Grünen kritisieren auch die Inserate des Ministerium heftig.
Glawischnig:
Nach einer bereits ausgeschöpften Fotovoltaik-Förderaktion wurden Inserate geschaltet, dass die Aktion nächstes Jahr wieder stattfinden wird. Bebildert mit einem Berlakovich-Foto. Da fühlen sich die Leute veräppelt, gekostet hat das Ganze 400.000 Euro.

Sollen diese Inserate auch im U-Ausschuss behandelt werden?
Glawischnig:
Ja. Laut Rechnungshof erging ja aus dem Ministerium der Auftrag, diese Inserate zu schalten und die Rechnung ist direkt an den Klimafonds geschickt worden. Das ist ein ungehöriger Vorgang.
Berlakovich: Das ist eine Behauptung, das wird der Ausschuss klären. Öffentlichkeitsarbeit ist Teil eines jeden Ministeriums. Gerade im Umweltbereich ist die Bewusstseinsbildung sehr wichtig.
Glawischnig: Behauptung? Das geht aus dem Rechnungshofbericht und ihrer Anfrage-Beantwortung hervor. Es gibt Kriterien des Rechnungshofes, Sie haben sich nicht daran gehalten.
Berlakovich: Ich weise zurück, dass öffentliche Mittel missbräuchlich verwendet wurden.
Glawischnig: In welcher Größenordnung haben Sie in den letzten zwei Jahren inseriert? Grobe Schätzungen kommen auf enorme Summen.
Berlakovich: Ich habe das Budget für Öffentlichkeitsarbeit reduziert, da liege ich im Mittelfeld der ÖVP-Minister. Sie sind eine wertvolle Oppositionspartei, aber im Gegensatz zu Ihnen setzen wir Dinge konkret um.
Glawischnig: Ich habe schon als Studentin privat gegen Mochovce geklagt. Ich fordere von Ihnen, dass sie beim UVP-Verfahren (Umweltverträglichkeitsprüfung, Anm.) bei Mochovce auch klagen. Das kann nur die Republik, wenn ich das als Privatperson könnte, würde ich es tun.
Berlakovich: Es ist Sache der EU-Kommission, dass die Bedingungen eingehalten werden. Auf meine Initiative hin sind nach Fukushima die Stresstests für AKW eingeführt worden.
Glawischnig: Die Initiative ist von Deutschland ausgegangen.
Berlakovich: Ich habe Günther Oettinger (EU-Energiekommissar, Anm.) kontaktiert. Energieversorgung ist nationales Recht, die EU hat da wenig Kompetenzen, nicht einmal bei der Sicherheit. Mir war es ein Anliegen, ein einheitliches Prüfverfahren zu schaffen. Die Tests laufen schon, in der nächsten Phase werden unabhängige Experten beigezogen, die auch vor Ort prüfen sollen.
Glawischnig: Es wird nur die Einhaltung der jeweiligen nationalen Gesetze überprüft. Es gibt keine Konsequenzen. Geben Sie doch eine Prognose ab: Wird etwas abgeschaltet?
Berlakovich: Das ist typisch, dass Sie Dinge schlechtreden. Statt zu sagen: Es ist gut, wenn unabhängige Experten vor Ort kontrollieren.
Glawischnig: Kein Experte aus Österreich kommt in französische AKW. Diese Tests sind ein Persilschein.
Berlakovich: Das ist der erste Schritt, natürlich muss das konsequent durchgeführt werden. Aber es ist auf jeden Fall ein Fortschritt.

Umwelt: Berlakovich kontra Glawischnig

Frau Glawischnig, was würden Sie als Umweltministerin ändern?
Glawischnig:
Das Umweltministerium ist derzeit ein Anhängsel der Landwirtschaft. Ich würde mir als erstes die Energiekompetenz vom Wirtschaftsministerium holen. Das ist der Schlüssel, es reden viel zu viele Ministerien mit.
Berlakovich: Hier die böse Landwirtschaft und dort die gute Umwelt. Die Grünen sind eindimensional, sehen nur den Umweltschutz und nicht die wirtschaftliche Breite.
Glawischnig: Das erste Programm der Grünen zu 'Arbeit durch Umwelt' gab es schon 1997. Sagen Sie nicht, wir sehen das eindimensional. Anschober macht das Gegenteil: Wegen seiner guten Arbeit hat es eine Initiative von 160 Industriebetrieben gegeben, die gesagt haben: Bitte lasst uns diesen Landesrat.
Berlakovich: Na sehen Sie. Und ich mach' das österreichweit.

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