Tauglich trotz Hörsturz und Tinnitus

Zwei Soldaten des österreichischen Bundesheeres bereiten eine Panzerabwehrwaffe vor.
Trotz sechsmaliger Hörstürze wurde ein Grazer von der Stellungskommission für tauglich befunden. Das Gericht hob den Bescheid nun als rechtswidrig auf.

Sebastian Prentner war 17, als er zur Stellung marschieren musste. Trotz seiner Jugend hatte der Grazer bereits sechs Hörstürze, leidet an Tinnitus und kämpft in Folge der Ohrprobleme auch mit Gleichgewichtsstörungen.

"Da sollte man meinen, für seinen Gesundheitszustand wäre es nicht so dienlich, wenn neben ihm eine Waffe abgefeuert wird", überlegt Rechtsanwältin Rebekka Wahl, zumal Sebastian auch noch an diversen Allergien leidet. Die Juristin betont "sollte" ganz explizit. Denn die Stellungskommission des Militärs war gänzlich anderer Meinung:

Sebastians Gesundheitseinschränkungen seien nach Art und Ausprägung aus militärmedizinischer Sicht nicht als so erheblich einzustufen, dass ihm die Ausübung einer Soldatenfunktion nicht zugemutet werden könne. Dem Jugendlichen könne das Bedienen einer Waffe zumindest einer Handfeuerwaffe (...) mit den entsprechenden Schutzmaßnahmen zugemutet werden.

Oder anders ausgedrückt: Sebastian wurde für tauglich befunden, mehrmaliger Hörsturz hin, chronischer Tinnitus her. Denn all das schließe ja nicht aus, dass er erforderlichenfalls von der Handfeuerwaffe Gebrauch machen könne.

Beschwerde

Sebastian und seine Eltern staunten, da dem Heer die Krankengeschichte des Schülers bekannt gegeben worden war. Mithilfe der Grazer Anwaltskanzlei Muhri & Werschitz legte man Beschwerde gegen den Tauglichkeitsbescheid ein. Anwältin Rebekka Wahl hat den Fall bearbeitet und gewonnen: Der Verwaltungsgerichtshof hob den Bescheid der Stellungskommission auf und sprach Sebastian die Ersetzung der Aufwandskosten von 1326 Euro zu.

Rechtswidrig

Das Höchstgericht rügte den Bescheid als rechtswidrig. Das Heer habe es unterlassen, die Gesundheitsprobleme des jungen Mannes konkret zu behandeln. Auf die entscheidende Frage, ob man mit eingeschränktem Hörvermögen Waffen abfeuern könne, sei nicht eingegangen worden. Stattdessen gäbe es nur "formelhafte Erwägungen", aber das sei zu wenig, urteilten die Höchstrichter.

Die Kommission hätte konkret auf Sebastians Beschwerden eingehen müssen. "Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Behörde bei inhaltlicher Auseinandersetzung mit den vorgelegten ärztlichen Unterlagen zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre", wertet das Höchstgericht abschließend.

Maturant Sebastian Prentner, der ab Herbst studieren will, ist natürlich froh über die Erkenntnis des Gerichts. Ganz abgeschlossen ist die Geschichte für den Grazer aber noch nicht: Ein letztes Mal muss er noch vor der Stellungskommission erscheinen.

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