"Super-Mario" Monti soll Italiens neue Regierung bilden

Als einen Gegensatz, der größer nicht sein könnte, charakterisiert die Zeitung La Repubblica den Machtwechsel in Italien: Vom "imperial-trashigen" Cavaliere Silvio Berlusconi zum seriösen Wirtschaftsprofessor
Mario Monti. Gemeint ist damit nicht nur der politische Wandel, sondern auch das Auftreten. Während sich Berlusconi nur im Tross gepanzerter Dienstwagen mit verdunkelten Scheiben und Dutzenden Bodyguards bewegte, reist der frühere EU-Kommissar mit öffentlichen Verkehrsmitteln und trägt seinen Koffer selbst.
Am Sonntagabend, rechtzeitig vor Eröffnung der Börsen, wurde Monti von Staatschef Napolitano mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt. Das Kabinett soll aus parteiunabhängigen Fachleuten bestehen. Einzige Ausnahme: Ex-Premier Amato, der als Außenminister gehandelt wird.
Der Wirtschaftsprofessor nahm den Auftrag zur Regierungsbildung "unter Vorbehalt" an - er müsse erst ausloten, ob er eine Mehrheit im Parlament habe. Er wolle sich jedenfalls engagiert für die Bewältigung der Schuldenkrise einsetzen. "Italien muss wieder zu einem Kraftelement der EU aufrücken", sagte Monti, der beim Verlassen des Präsidentenpalastes von einer klatschenden Menschenmenge empfangen wurde, in einem Statement. Seine Ministerliste will der 68-Jährige spätestens am Dienstag präsentieren.
Berlusconi gibt nicht auf
Auch
Silvio Berlusconi sagte dem designierten Premier in einer Video-Botschaft seine Unterstützung zu: Für das Wohl des Landes müsse Italien zusammenarbeiten. Doch der 75-Jährige plant schon sein Comeback: "Ich werde nicht aufgeben, bis ich das Staatssystem reformiert habe."
Doch zunächst einmal ist der Medien-Tycoon weg vom politischen Fenster. Binnen weniger Tage wurde Berlusconi, der nach 17 Jahren unter Buh-Rufen über den Seitenausgang als Premier von der Politbühne flüchtete, zur Geschichte. Als Befreiungsschlag für Italien bezeichnete Pierluigi Bersani, Chef der größten Oppositionspartei, dessen Rücktritt. "Italien ist frei"-Freudenrufe schallten in der Nacht zum Sonntag in Rom. Immer wieder wurde das Partisanenlied "Bella Ciao" angestimmt. Auf den Straßen Roms wurde ausgelassen gefeiert.
Altlasten
Doch die Katerstimmung könnte spätestens bei der Aufarbeitung von Berlusconis
Altlasten eintreten. Der Medientycoon hinterlässt nicht nur ein wirtschaftlich zerstörtes Land, das mit einem Schuldenberg von 1,9 Billionen Euro am Rande des Abgrunds steht. In seiner Amtszeit wurde auch der kulturelle Verfall des Landes beschleunigt. Ein Blick ins TV ist der augenscheinlichste Beweis dafür: Vulgarität und Trash bestimmen die Shows, seriöse Polit- und Kulturprogramme verschwinden im Hintergrund.
Der "Berlusconismo" hat aber vor allem die Gesellschaft stark geprägt und verändert. "Er hat ein Bild propagiert, in dem den Reichen, Mächtigen und Schönen die Welt gehört. Wer nicht dazu gehört, kann schauen, wo er bleibt", analysiert ein Soziologe. Wissen und
Bildung genießen wenig Stellenwert. Vor allem unter den jungen Leuten macht sich Resignation breit. Es ist aussichtslos, eine der Ausbildung entsprechende Arbeit zu finden. Bei Bewerbungen kommt nicht der profilierteste Kandidat zum Zug, sondern jener mit den besten verwandtschaftlichen oder politischen Kontakten. Die "fuga dei cervelli", die Flucht der klugen Köpfe, ist kaum zu stoppen.
-
Hauptartikel
-
Kommentar
-
Bilder
-
Hintergrund
Kommentare