Strasser: Ex-Kollegen beklagen "Verhöhnung"

Ein Mann im Anzug blickt nach oben.
"Die meisten sind faul wie ich", hatte Ernst Strasser laut geheimen Protokollen gesagt. Er solle nicht von sich auf andere schließen, kontern EU-Abgeordnete.

In seinen Gesprächen mit vermeintlichen Lobbyisten zeichnete Ernst Strasser ein verheerendes Bild der Arbeit von EU-Abgeordneten: "Die meisten Parlamentarier sind so faul wie ich", erklärte Strasser laut den geheimen Protokollen, die der KURIER veröffentlicht hat.

Das empört Strassers Ex-Kollegen im EU-Parlament. "Das ist eine Verhöhnung des Wählerauftrages, aller Parlamentarier, die gewissenhaft arbeiten, und des Parlaments", sagt der Vizepräsident des EU-Parlaments, Othmar Karas (VP) zum KURIER. "Es wäre an der Zeit, dass jene, die Fehler machen, nicht andere anschütten, um sich selbst zu verteidigen, sondern dass sie sich bei Kollegen und Bürgern für ihr Fehlverhalten entschuldigen."

Ein Mann spricht vor einer Europaflagge in ein Mikrofon.

Karas sagt, er fühle sich nach der Veröffentlichung von Strassers Aussagen zur "Ehrenrettung" der EU-Parlamentarier und der europäischen Demokratie verpflichtet. Er verweist darauf, dass 90 Prozent aller Regierungsvorlagen der EU-Kommission durch die Arbeit des EU-Parlaments im Sinne der Bürger abgeändert würden – etwa beim Schutz des Wassers, bei Roaming-Gebühren, beim Verbot von Finanzspekulationen oder in Sicherheits- und Umweltfragen.

Auch SPÖ-EU-Parlamentarier Hannes Swoboda bricht eine Lanze für die Abgeordneten in Brüssel: "Strasser soll nicht von sich auf andere schließen. Seine Aussagen über ,faule Abgeordnete" sagen viel mehr über ihn als über die Volksvertreter in Brüssel aus." Strassers Rückzug aus dem EU-Parlament sei dessen "größte Leistung" gewesen. Im Unterschied zu anderen EU-Parlamentariern sei er vor allem wegen der Korruptionsvorwürfe bekannt geworden.

Lobbying

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Strasser wegen des Verdachts der Bestechlichkeit. In Gesprächen mit britischen Journalisten, die sich als Lobbyisten ausgaben, bot Strasser gegen Bezahlung an, Einfluss auf die EU-Gesetzgebung zu nehmen. Strasser weist den Vorwurf zurück. Er behauptet, er habe gewusst, dass seine Gesprächspartner nicht diejenigen sind, für die sie sich ausgeben. Er habe die Hintermänner aufdecken wollen.

Bleibt die Frage: Wie viele EU-Parlamentarier arbeiten in Brüssel für die eigene Tasche? "Von den 700 vielleicht vier bis fünf", schätzt SPÖ-Mandatar Swoboda.

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