Stöger legt neuen ELGA-Gesetzesentwurf vor

Fast eineinhalb Jahre nach seinem Begutachtungsentwurf unternimmt Gesundheitsminister Alois Stöger (S) einen neuen Anlauf für die Elektronische Gesundheitsakte (ELGA). Hatte der letzte Vorschlag für heftige Kritik und zahlreiche Diskussionen gesorgt, berücksichtige der neue Gesetzesentwurf die Anmerkungen aller Partner und enthalte weitere Verschärfungen beim Datenschutz und längere Übergangsfristen für die Ärzte, so der Minister.
Der Entwurf sei das Ergebnis eines umfangreichen und ausführlichen Dialogs mit allen beteiligten Gruppen. Seit der Vorlage des Begutachtungsentwurfes im Jänner 2011 habe er mehr als 50 Verhandlungen geführt, allein mit Vertretern der Ärztekammer hätten 27 Gesprächsrunden stattgefunden, betonte Stöger und zeigte sich zuversichtlich, dass er nun die Zustimmung vor allem der bisher strikt ablehnenden Ärztekammer und auch des Koalitionspartners finden werde. Mit dem neuen Entwurf als "eine ernstzunehmende Grundlage" erhoffe er sich eine "Entkrampfung" der Diskussion. Ob sich ein Ministerratsbeschluss noch vor dem Sommer ausgeht, wollte Stöger nicht beurteilen. Wenn es nach ihm gehe, könnte der Regierungsbeschluss jedenfalls "sehr bald" fallen.
Datenschutz

Mit ELGA sollen künftig Befunde und gesundheitsrelevante Dokumente gespeichert und für Ärzte sowie Patienten selbst abrufbar sein. Die E-Card dient als Schlüssel, wird sie ins Lesegerät gesteckt, erhält der Arzt für vier Wochen Zugriff auf die Befunde der betreffenden Person. Die Daten bleiben dezentral gespeichert und werden über ELGA zusammengeführt. Gegenüber seinem Letztentwurf vom November 2011 hat Stöger auch den Datenschutz weiter geschärft. So können Patienten nun zusätzlich ihre Daten auch nachträglich aus ELGA löschen.
Trotz vielfältiger Kritik bleibt Stöger bei der Opting-Out-Regelung: Jeder Patient, der nicht ausdrücklich widerspricht, ist automatisch dabei. Stöger begründet dies mit einer "massiven Verwaltungsvereinfachung". Die Ärzte, Spitäler und Apotheken werden hingegen zur Teilnahme an ELGA verpflichtet. Die Frist, ab der Vertragsärzte ELGA umsetzen müssen, wurde nun von Stöger um eineinhalb Jahre auf 1. Juli 2016 verlängert.
Als ELGA-Befunde wurden gesetzlich definiert: Entlassungsbriefe, Labor, bildgebende Diagnostik, E-Medikation, Patientenverfügung und Vorsorgevollmachten Schon vorher war im Vergleich zum Begutachtungsentwurf der Ausschluss von geheimen psychiatrischen Daten und genetischen Analysen von der Speicherung, eine vereinfachten Widerspruchsregelung und eine einheitliche Speicherdauer der Dokumente aufgenommen worden.
Kritik

Kritik am neuen Entwurf üben erneut sowohl die Ärztekammer als auch der Koalitionspartner. ELGA müsse von den Ärzten und den Patienten als Hilfe empfunden werden, derzeit würden die Ärzte es eher als Diktat sehen, so ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger. „Man kann die Ärzte nicht in Ketten abführen", verlangte der ÖVP-Gesundheitssprecher, der selbst Arzt ist, Einvernehmen herzustellen. Erst wenn das und die verfassungs- und datenschutzrechtlichen Dinge sichergestellt seien, werde die ÖVP zustimmen, „sonst nicht", so Rasinger.
Der zuständige Ärztekammer-Vizepräsident Artur Wechselberger kennt die Inhalte des neuen Stöger-Entwurfs zwar noch nicht, die Ärztekammer hielt aber erst vor einer Woche in einem Schreiben an das Ministerium fest, dass nach der letzten Gesprächsrunde „in wesentlichen Fragen" weiterhin „Dissens" bestehe
Auch die FPÖ lehnt das ELGA-Projekt weiterhin rundum ab. Das Projekt sei eine „Totgeburt". Stöger sollte sich davon verabschieden, forderten drei blaue Gesundheitspolitiker in einer Aussendung. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Andreas Karlsböck und Martin Strutz kritisierten Stögers Vorgangsweise: Statt in einen Dialog zu treten, präsentiere der Minister „überfallsartig seine neuen Ideen". Dabei sei er „mit seinem ELGA-Gesetz endgültig gescheitert und muss dies endlich erkennen".
Korosec: ÖVP für ELGA
"Wir sind für ELGA", versicherte am Samstag die ÖVP-Seniorenpolitikerin Ingrid Korosec. Der neue Vorschlag enthalte zwar "immer noch dieselben Schwächen", es seien Adaptierungen nötig. Aber das "heißt nicht, dass wir - oder die ÖVP - das ELGA-Projekt insgesamt ablehnen".
Einen "Runden Tisch" über das Thema fordert das BZÖ. Gesundheitssprecher Wolfgang Spadiut lehnt das Gesetz "in dieser Form" ab. Die von Stöger vorgelegte Variante sei "eine teure Husch-Pfusch-Aktion, die Grundrechte verletzt und dem Missbrauch Tür und Tor öffnet", meinte er in einer Aussendung.
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