Steiermark: Streit mit Rating-Agentur

Das Gebäude von Standard & Poor's mit dem Logo an der Fassade.
Die Steiermark schreckte davor zurück, den Vertrag mit Standard & Poor’s zu kündigen – aus Furcht vor Downgrading.
Ein Mann mit Brille und Anzug steht vor einem grünen Hintergrund.

Die Rating-Agentur. In Zeiten wie diesen ein Wort wie ein Damoklesschwert. Hat der Schwerthieb eine schmerzhafte Abstufung zur Folge, so bedeutet das für das betroffene Land gewaltige Auswirkungen. Vor den wenigen, doch umso mächtigeren Rating-Agenturen zittern selbst die größten Nationen. Standard & Poor’s, Moody’s, Fitch.

Wer es sich mit den Rating-Agenturen verscherzt, der darf mit Problemen rechnen. Ein Fall wird nun offenbar. Er betrifft das Land Steiermark, wie KURIER-Recherchen ergeben: Die aufs Sparen bedachte steirische Landesregierung erwägt, die seit zehn Jahren währende Zusammenarbeit mit Standard & Poor’s zu beenden – unter anderem aus Kostengründen (bisherige Kosten: rund 350.000 Euro).

Die Reaktion des Rating-Giganten habe sinngemäß gelautet: Es ist in Ordnung, wenn ihr uns nicht mehr wollt, aber dann werden wir uns euch genau ansehen – ob ihr euer Rating behalten werdet. "Rating-Agenturen sehen nicht gerne, wenn man sich nach Alternativen umsieht", sagt Martin Schemeth, der Sprecher der steirischen Finanzlandesrätin.

Und: "Aus der steirischen Sicht können wir die Informationen bestätigen, wonach wir von Standard & Poor’s unter Druck gesetzt wurden, weil wir überlegt haben, die Zusammenarbeit zu beenden."

Der steirische Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann präzisiert auf KURIER-Anfrage den Vorwurf der Druckausübung: "Ich sage in den Gesprächen mit Standard & Poor’s immer meine Meinung, habe auch gesagt, dass wir die Zusammenarbeit auch einstellen können. Das Problem ist nur, wenn man das tun, zieht die Rating-Agentur ihr Rating zurück. Das ist fatal in Zeiten, wo du als Land eine Bank hast so wie wir und wo du Anleihen begibst am Kapitalmarkt – dann werden die Zinsen teurer."

Grundsätzlich seien Ratingagenturen weder gut noch böse, "aber sie zeigen einfach mit dem Finger auf Schwachstellen. Und der Geprüfte muss dann damit umgehen."

Wie kommentiert Standard & Poor’s die steirischen Impressionen? "Wir sind überzeugt, dass unsere Kunden unsere Ratings vor allem für ihre Unabhängigkeit schätzen und uns daher mit der Erstellung der Rating-Analyse beauftragen", heißt es auf KURIER-Anfrage.

"Solche Verträge können sowohl von Kundenseite als auch von Standard & Poor’s jederzeit gekündigt werden." Die überwiegende Mehrheit der Kunden, dazu zähle auch die Steiermark, wünsche allerdings eine kontinuierliche Geschäftsbeziehung. Auf den konkreten Vorwurf, wonach das Land Steiermark sich "unter Druck" gesetzt gefühlt habe, ging die Ratingagentur nicht ein.

Machtfülle

Wirtschaftslandesrat Buchmann wundert sich generell über manche Rating-Agenturen und deren Machtfülle: "Aber die Macht haben sie, weil man sie ihnen gibt. Und dann werden Expertisen abgegeben. Denen kann man folgen – oder auch nicht."

In Brüssel wird debattiert, ob nicht ein verpflichtender Wechsel der Rating-Agenturen alle zwei Jahre sinnvoll wäre, um derartige Drucksituationen zu vermeiden. Landesrat Buchmann kann dem etwas abgewinnen: "Ein sehr kluger Zugang. Das ist ja bei Wirtschaftsprüfern so, warum soll es nicht auch bei Rating-Agenturen so sein?"

Rating-Agenturen: Die Macht des AAA

Die Big Player kommen aus den USA: Standard & Poor`s, Moody`s, Fitch. Sie beherrschen 90 Prozent des Rating-Marktes. Ratings sollen Investoren bei der Bonitätseinschätzung helfen, dank weltweiter Standards den Schuldner-Vergleich ermöglichen.

Rating-Codes bewegen sich von Triple-A (Schuldner höchster Bonität, Ausfallrisiko de facto vernachlässigbar) über B (durchschnittlich bis spekulativ), C (nur bei günstiger Entwicklung keine Ausfälle zu erwarten) bis D (hohe Wahrscheinlichkeit von Zahlungsausfall).

Die US-Anbieter wurden während der Finanzkrise kritisiert: verspätete Rating-Änderungen, Interessenkonflikte bei der Bewertung strukturierter Wertpapiere. Standard & Poor’s hat Österreichs Bonität am 13. Jänner von Triple-A auf AA+ (sichere Anlage, längerfristig etwas schwerer einzuschätzen) gesenkt.

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