SPÖ-Hoffnungsträger Hundstorfer

Rudolf Hundstorfer hält eine Rede vor einem Publikum.
Sozialminister Rudolf Hundstorfer gilt als leutselig und sachkundig. Kein Wunder, dass er zur Wahlkampf-Lokomotive mutiert.

Es war an einem Silvesterabend kurz vor Mitternacht. Der damalige ÖVP-Abgeordnete Ferry Maier kam von einem Krankenbesuch und nahm in den endlosen, und zu dieser Stunde menschenleeren Hallen des Wiener AKH eine Gestalt wahr. Sie schob einen Einkaufswagen vor sich her. Beim Näherkommen erkannte Maier Rudolf Hundstorfer. Sein Wagen war voller Glücksbringer – Trostpflaster für das Krankenhauspersonal, das zu Silvester Dienst schieben musste.

"So ist er, der Rudi", sagen Wegbegleiter. Immer unterwegs. Bälle im Winter, Feuerwehrfeste im Sommer und Betriebsbesuche rund ums Jahr. Der 61-jährige Bundesminister durchpflügt das Land, wie es sonst nur Landeshauptleute oder Bürgermeister tun. Und er ist ein beliebter Gast, auch in seiner Partei. Sie verspricht sich von dem leutseligen Minister Wählerzulauf.

Die SPÖ-Graz bittet ihn zu ihrem Wahlkampfauftakt für die Gemeinderatswahl im November. Detto die SPÖ-Kärnten, wo Hundstorfer am Samstag den Startschuss gab für die Landtagswahl im März. SPÖ-Spitzenkandidat Peter Kaiser lobte Hundstorfer als "den richtigen Mann am richtigen Ort". Konkret: "Rudi bringt das freiwillige Sozialjahr, das ein Teil der Bundesheer-Debatte ist, am besten rüber." Vor Ort brach Hundstorfer eine Lanze für die Reichensteuer: "Wir wollen keine Neid-, sondern eine Gerechtigkeitsdebatte. Über-drüber-Verdiener sollen einen noch größeren Beitrag leisten." Und der Wiener verabsäumte nicht, die Kärntner Seele zu streicheln: "Dieses Bundesland ist zu schade, um es Gutsherrenmentalität und Millionären zu überlassen. Daher braucht es einen Peter Kaiser als Landeshauptmann."

Personalreserve

Zwei Männer in Anzügen unterhalten sich in einem Theatersaal.

Mittlerweile wird Hundstorfer für fast jedes Spitzen-Amt der Republik genannt: Er gilt als potenzieller Nachfolger von Wiens Bürgermeister Michael Häupl; er könnte, sagen Genossen, Heinz Fischer in der Hofburg beerben; und natürlich sei er die Personal-Reserve für den Kanzlerposten, falls Werner Faymann – warum auch immer – zu ersetzen wäre.

Beobachter in der Regierung glauben, dass Faymann die Konkurrenz längst fürchtet – und vorsorgt. "Immer, wenn es Unangenehmes zu lösen gilt, schickt der Kanzler Hundstorfer in die entsprechende Arbeitsgruppe, damit er Unpopuläres mittragen muss", erzählt ein Insider.

Tatsächlich musste Hundstorfer das in der SPÖ nicht sehr beliebte Transparenzgesetz verhandeln; er schnürte das in der Bevölkerung wenig populäre Sparpaket mit; und selbst in der Wehrpflicht-Debatte ist ihm ein Himmelfahrtskommando zugedacht: Er soll dem Totschlagargument der ÖVP – ohne Zivildiener kommt die Rettung nicht nach Hause zur Oma – mit dem freiwilligen sozialen Jahr Paroli bieten. Hundstorfer lässt sich jedoch nicht erschüttern. Er strebe ohnehin nichts Höheres an, sondern wolle Sozialminister bleiben, am liebsten bis 70.

Auf ein Bier

Ein Koch mit Kochlöffel und mehrere Auszubildende in einer Küche.

Seine Umgänglichkeit bringen dem Roten auch Lob von Konservativen ein. "Er kennt sich in der Sache aus, hat Humor. Er ist einer, mit dem man auf ein Bier geht", sagt Hundstorfers Pendant in der ÖVP-Regierungsmannschaft, Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Das heiße nicht, dass man mit ihm Ergebnisse "daher­blödle". "Man streitet, sucht Kompromisse." Der Unterschied sei, "dass Hundstorfer Konflikte nicht nach außen trägt – und dass er Wort hält."

Bei so viel Pragmatismus scheint wenig Platz für Visionen. "Hundstorfer ist vieles, aber er ist kein Revolutionär", sagt der Grüne Gemeinderat Christoph Chorherr, der Hundstorfer seit 20 Jahren kennt. Das Geheimnis des Roten? Chorherr bemüht Max Weber: "Hundstorfer weiß nicht nur, dass Politik das Bohren dicker Bretter bedeutet. Er weiß auch, dass andere mitbohren wollen. Aber vor allem weiß er, dass man anderen die Bretter nicht über die Rübe zieht."

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