Sparpakete "mit tiefen Einschnitten" unvermeidbar

Sparpakete "mit tiefen Einschnitten" unvermeidbar
Strikter Budgetkurs: Wirtschaftsforscher erwarten als Folge der EU-Beschlüsse Reformen bei Pensionen, Spitälern und Förderungen.

Dass auch in Österreich eine gesetzlich fixierte Schuldenbremse kommen soll, geht auf einen Beschluss des Europäischen Rates zurück. Am 26. Oktober verständigten sich die Staats- und Regierungschefs in Brüssel darauf, dass bis Ende 2012 alle Staaten der Euro-Zone vorzugsweise auf Verfassungsebene oder auf gleichwertiger Ebene Vorschriften zu erlassen haben, um den Stabilitäts- und Wachstumspakt der EU in einzelstaatliches Recht umzusetzen.

Zweck der Übung: Die Euro-Zone soll stabilisiert werden. Euro-Staaten sollen nicht mehr ins Visier der Finanzmärkte geraten, wodurch sich die Bonität der Staaten als Kreditnehmer verschlechtert, was wiederum die Zinsen für Anleihen und Kredite erhöht.
Durch die Schuldenbremse soll zweierlei erreicht werden: Zum einen die Reduktion der jährlichen Neuverschuldung, zum anderen die des Schuldenstandes.

Bezogen auf den österreichischen Schuldenstand bedeutet dies, dass aus heutiger Sicht in nur acht Jahren mehr als 40 Milliarden Euro aufgebracht werden müssten. Zum Vergleich: Beim Sparpaket zur Erfüllung der Euro-Kriterien ging es 1996/'97 um neun Milliarden Euro.

Das Defizit muss nach Vorgaben der EU schrittweise sinken. Beträgt es mehr als drei Prozent, muss es pro Jahr um 0,75 Prozent des BIP gedrosselt werden. Liegt die Neuverschuldung unter drei Prozent, so muss sie pro Jahr weiter um 0,5 Prozent sinken, sodass es ab 2016 nur maximal 0,35 Prozent beträgt. Über den sogenannten Konjunkturzyklus einiger Jahre muss der Haushalt künftig ausgeglichen sein. Große Unbekannte dabei ist das Wachstum. Am leichtesten sind Staatsfinanzen zu sanieren, wenn der Konjunkturmotor brummt. Danach sieht es derzeit zumindest für 2012 aber nicht aus.

Unfassbarer Betrag

Betrag Im Finanzministerium wird noch nicht von Sparpaketen gesprochen, die nötig sind, um die Ziele zu erreichen. Der Schuldenstand reduziere sich nicht nur durch das Wachstum, sondern auch durch gewisse einzelne Positionen: Etwa, wenn die Banken das ausgeliehene staatliche Partizipationskapital zurückzahlen werden.

Anders sehen das Wirtschaftsforscher. "Nehme ich die Reduktion von 74 auf 60 Prozent der Schuldenquote ernst, dann geht es um einen unfassbaren Betrag. Dann brauche ich bei den drei Kostentreibern Spitäler, Pensionen und Förderungen ein ernsthaftes Konzept", sagt Karl Aiginger, Chef des Wirtschaftsforschungsinstitutes (WIFO). Er ergänzt: "Ich kann mir keine Strategie vorstellen, wo man ohne tiefe Einschnitte auf die 60 Prozent kommt." Aiginger rät dazu, bei einem allfälligen Beschluss auch gleich eine Verfassungsreform in Angriff zu nehmen. "Man müsste am selben Tag beschließen, innerhalb eines Jahres ein Konzept für eine Reform vorzulegen, die vorsieht, dass die Doppelgleisigkeiten zwischen Bund und Ländern weg kommen."

Bernhard Felderer, Vorsitzender des Staatsschuldenausschusses, verweist auf das zu erwartende schwache Wachstum 2012. Die Ziele bedeuten aus seiner Sicht, "dass der jetzige Sparkurs sicher zu sanft ist". Österreich sei aber "klar unter Druck. Deutschland erreicht heuer ein Defizit von 1,3 Prozent. Die Deutschen sanieren mit eiserner Hand." Die Schuldenquote bis 2020 auf 60 Prozent zu senken, ist laut Felderer "sehr viel". Wie Aiginger nennt er dieselben Bereiche, die bei dem Sparkurs herhalten müssten: Pensionen, Spitäler, Förderungen. Zentral wäre - so sagen beide - die rasche Erhöhung des faktischen Pensionsantrittsalters.

Druck

Wie stark die Politik auch immer auf die Schuldenbremse treten wird, so dürfte sie zumindest einen Effekt haben. ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner: "Sie bringt einen Schub, dort anzusetzen, wo wir lange diskutieren. Der Veränderungsdruck wird höher, den Staat effizienter zu gestalten."

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