Spanien: Sozialdemokraten droht Schlappe

"Geld für Essen statt für Banken" - Die Wut und Enttäuschung sitzen auf der Iberischen Habinsel tief

Milchmädchen-Rechnungen haben die angestellt, Jahr für Jahr!" Wenn Isabella über Spaniens Politik spricht, kriegt sie ihren Ärger kaum in den Griff: "Die haben den Dreck noch nicht sehen wollen, als wir schon bis zum Hals dringesteckt sind." Ob es nun um die geplatzte Immobilienblase geht, um die Banken, die sich mit Milliarden fauler Kredite hübsche Bilanzen ausgestellt haben, um die Jugendarbeitslosigkeit von 40 Prozent, der die sozialistische Regierung von Premier Zapatero nichts entgegenzusetzen hatte.

Die Antwort der Tourismusexpertin Isabella ist ihre Stimme am Sonntag. Die geht diesmal an die Kommunisten von der "Linken Union" (IU). Zu oft, meint die 40-Jährige, habe sie die Sozialdemokraten gewählt, nur um eine konservative Regierung zu verhindern.

Doch die - glaubt man den letzten Umfragen - kommt nun auf jeden Fall, mit einer klaren absoluten Mehrheit für die Volkspartei (PP). "So viele Stimmen werden die gar nicht dazugewinnen", analysiert der Journalist Diego de la Serna die politische Lage: "Es ist nur so, dass die Sozialdemokraten unglaublich verlieren werden."

Ratloses Sparen

Bittere Enttäuschung über die Politik, das ist die Grundstimmung, mit der Spanien, und da vor allem die Linke, in die Wahlen geht. Enttäuschung über die Regierung Zapatero, die mit kühnen gesellschaftlichen Reformen, von der Homo-Ehe bis zum Abtreibungsrecht, in ihren ersten Jahren Akzente setzte - und dann ratlos vor der Krise stand, die das Land an den Rand des Bankrotts brachte.

Ein Sparpaket nach dem anderen wurde zusammengebastelt und mit wackeligen Mehrheiten durchs Parlament gebracht. Doch mit Pensionskürzungen, Steuererhöhungen und massiven Einsparungen bei Beamten traf man vor allem die eigenen Wähler - und die drohen den Sozialdemokraten jetzt den Rücken zu kehren.

Sparen will natürlich auch der voraussichtlich nächste Regierungschef, der Konservative Mariano Rajoy. "Überall außer bei den Pensionen" werde gekürzt, machte er diese Woche erstmals deutlich. Doch ganz anders als der rechte Flügel seiner Partei gibt sich der 56-Jährige recht vorsichtig.

Angst vor Unruhen

Denn so stark die Mehrheit im Parlament auch wird, die Unterstützung großer Bevölkerungsgruppen für die Politik könnte rasch wegbrechen. In Spanien geht die Angst vor Unruhen und politischer Instabilität um. Immer häufiger legen Streiks oder Demonstrationen Teile des Landes lahm. In der Provinz Katalonien protestieren zurzeit Ärzte und Krankenschwestern gegen die Kürzungen im Gesundheitswesen. In den Spitälern gab es über Tage nur Notversorgung.

Die jungen Spanier formieren sich vor allem in der Bewegung der "Indignados", also der "Zornigen". Und die versammeln sich nicht nur zu Massendemos, wie auf der Puerta del Sol in Madrid, sondern leisten auch immer häufiger zivilen Widerstand. Derzeit hilft man etwa Menschen, die ihre Miete nicht mehr zahlen können, dabei, sich gegen den Rauswurf aus der Wohnung zu wehren. Ein Schicksal, das heuer schon mehr als 40.000 Familien getroffen hat. Jetzt, mithilfe der Indignados, wollen sich viele nicht mehr vertreiben lassen. Ohne Geld, ohne Job, aber dafür mit einem kämpferischen Motto "Lieber gebe ich das Geld für Essen für die Kinder aus als für die Banken."

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