Sekte hielt Kinder jahrelang in Bunker fest
Ein Jahrzehnt lang haben in Russland 70 Mitglieder einer Sekte, darunter mehr als 20 Kinder, ohne Sonnenlicht und Heizung in einem unterirdischen Bunkersystem gelebt.
Die Minderjährigen seien schmutzig und in schlechtem Zustand gewesen, berichteten Ärzte der Zeitung Komsomolskaja Prawda. Einige waren offenbar noch nie an der frischen Luft. Die Kinder kamen in Krankenhäuser und sollen dann in Waisenhäusern betreut werden. Die Behörden schickten die Kinder zu medizinischen Untersuchungen, ein 17-jähriges Mädchen ist offenbar schwanger. Gegen die Eltern laufen Ermittlungen wegen Misshandlung Schutzbefohlener.
Abgeschottet
Bei der Sekte in der Stadt Kasan an der Wolga - rund 800 Kilometer östlich von Moskau - handelt es sich um Anhänger eines 83 Jahre alten muslimischen Predigers. Faisrachman Satarow bezeichnet sich als Propheten Mohammeds. Er befahl seinen Jüngern, unter seinem Haus ein großes Zellensystem zu errichten. Die Anhänger durften - bis auf wenige Ausnahmen - das Gelände nicht verlassen und keinen Kontakt zur Außenwelt aufnehmen.
Das Haus sei illegal gebaut worden, teilte die Polizei in der muslimisch geprägten Teilrepublik Tatarstan mit. Sektenmitglieder kündigten Widerstand gegen den Abriss des Gebäudes an. Die Behörden waren auf den Fall aufmerksam geworden, als ein Spezialkommando wegen Ermittlungen in einem Mord an einem islamischen Geistlichen das Gelände wegen Terrorismusverdachts stürmte.
Sekten schotten ihre Mitglieder oft komplett von der Außenwelt ab und zwingen sie zu einem Leben unter menschenunwürdigen Bedingungen. Die ärgsten Beispiele:
- Mai 2008: Nach fast 200 Tagen in einer Erdhöhle kommen die letzten Anhänger einer Weltuntergangssekte im russischen Gebiet Pensa ans Tageslicht. Im November 2007 hatten sich mehr als 30 Menschen, darunter Kinder, in ein unterirdisches Tunnelsystem zurückgezogen. Sie wollten dort auf das Ende der Welt warten. Das Tunnelsystem war von ihrem spirituellen Führer Pjotr Kusnezow angelegt worden, der allerdings nicht mit in die Tiefe ging.
- Oktober 1994: 53 Mitglieder des "Ordens der Sonnentempler" werden tot aufgefunden - 48 in der Schweiz und fünf in Kanada. Die verkohlten Leichen weisen Einschüsse und Spuren von Injektionen auf. In den französischen Alpen werden 1995 die Leichen von 16 Mitgliedern der Sekte gefunden. Im Haus eines Sonnentemplers im kanadischen Provinz Quebec finden Feuerwehrleute 1997 fünf Tote. Vier der Leichen lagen kreuzförmig übereinander. Drei Jugendliche überleben das Todesritual. Als sie entdeckt werden, stehen sie unter Drogen.
- April 1993: Mindestens 81 Menschen verbrennen im Anwesen der Davidianer-Sekte im texanischen Ort Waco, darunter viele Kinder. Vermutlich legten Sekten-Mitglieder das Feuer selbst, als die Polizei das Gelände nach 51 Tagen Belagerung stürmte. Der selbst ernannte Prophet David Koresh hatte seine "Ranch Apokalypse" zu einer Festung mit unterirdischem Tunnelsystem ausbauen lassen. Seine Gefolgsleute zwang er, nach seinen Regeln zu leben. Männer, Frauen und Kinder mussten täglich bis zu 15 Stunden beten. Koresh nahm sich selbst das Recht, mit Frauen anderer Sektenmitglieder schlafen zu dürfen.
- November 1978: In der Siedlung Jonestown im Dschungel des südamerikanischen Landes Guyana begehen 923 Mitglieder der Volkstemplersekte aus den USA den vermutlich größten Massensuizid in der Geschichte. Zuvor hatte ihr Anführer Jim Jones einen US-Kongressabgeordneten und vier seiner Begleiter erschießen lassen. Diese wollten feststellen, ob die Bewohner des Dorfes gegen ihren Willen festgehalten wurden. Die wenigen Überlebenden berichteten, dass unter den Opfern des Massakers auch Unfreiwillige gewesen seien.
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