Schulschwänzer: Schmied lehnt Strafen ab

Es ist der nächste Graben in der koalitionären Bildungspolitik: SPÖ und ÖVP sehen Handlungsbedarf bei Schulpflichtverletzungen – während die ÖVP (vor allem) auf härtere Strafen setzt, setzt die SPÖ primär auf Prävention und Hilfe. Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Montag seine Forderung erneuert, die Strafe für Härtefälle von 220 auf 1500 Euro anzuheben. Im Ministerrat hat es deswegen am Dienstag gekracht: Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SP) maßregelte Kurz. Der verteidigte sich: Falschparken sei im Verhältnis teurer, als Kinder nicht zum Schulbesuch anzuhalten. Heinisch: Kinder und Autos könne man nicht vergleichen. ÖVP-Granden mussten eingreifen, damit der Streit nicht eskaliert.
Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) sagt zum KURIER, gegen eine Valorisierung spreche nichts, 1500 Euro seien aber „populistisch überzogen“. Vom KURIER darauf angesprochen, hat Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) eine Verdoppelung auf 440 Euro als denkbare Höhe bezeichnet. „In der Größenordnung wird es sich wohl bewegen“, so Schmied.
Daten
Kurz hatte eine Studie zur Arbeits- und Bildungssituation von Jugendlichen und Migranten für seinen neuerlichen Vorstoß genutzt – dazu, dass Migranten häufiger Schule schwänzen als andere, gibt es aber gar keine Daten. Schmied: „Man darf die Zahl der Schulabbrecher nicht mit Schulpflichtverletzung vermischen.“ Dass es keine Daten zur
Schulpflichtverletzung gebe, liege daran, dass der Bund die Regeln aufstelle, der Vollzug aber bei den Ländern liege.
Schmied wird deshalb die Zahl der Schwänzer und deren Motivation erheben – auch das hatte Kurz bei seinem Vorstoß gefordert. Kurz spricht von 1800 Schulpflichtverletzungen im Vorjahr; Schmied von 1500. „Nur in zwei Prozent der Fälle wurde aber die Maximalstrafe von 220 Euro ausgesprochen“, erklärt sie. Höhere Strafen würden meist sozial Schwache treffen – 1500 Euro könnten da zum existenziellen Problem werden. Und zur Senkung der Abbrecher-Quote tue man ohnehin einiges, sagt Schmied: „Ausbau der Ganztagesbetreuung, Neue Mittelschule, Jugendcoachings und das Angebot, kostenlos den Pflichtschulabschluss nachzuholen.“ In Österreich brechen Kinder fünf Mal so häufig die Schule ab wie der Durchschnitt , wenn die Eltern niedrige Abschlüsse haben.
Gebühren
Im zweiten großen Bildungsstreit der Koalition, den Studiengebühren, sieht Schmied das Versäumnis bei der
ÖVP: Man habe Wissenschaftsminister Töchterle angeboten, das Gesetz zu reparieren. „Er lehnt das ab und beharrt auf Studiengebühren. Ich kann ihn nicht an den Verhandlungstisch zwingen.“ Der Anteil ihres Ministeriums am Sparpaket werde 18 Millionen Euro pro Jahr ausmachen – das werde aber in der Verwaltung einzusparen sein, sagt Schmied. Noch vor dem Sommer soll über das neue Lehrerdienstrecht verhandelt werden. Derzeit seien Finanzministerium und Kanzleramt noch mit dem Sparpaket und dem Finanzrahmen beschäftigt. „Der Dienstgeber sollte da gemeinsam auftreten. Das wird unser Großprojekt für 2012.“
Schmied will nicht kommentieren, dass Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) die Hoheit über die geplanten Bildungsdirektionen (ersetzen Landes- und Bezirksschulräte) für die Länder reklamiert. „An Kompetenzstreit haben die Leute kein Interesse.“ Vom Gerücht, es könne einen Abtausch geben – die Länder bekommen die Hoheit über die Bildung, der Bund über die Gesundheit –, hält Schmied wenig: „Das steht nicht zur Debatte.“
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