Rumänien: Das Volk als Schiedsrichter

Traian Basescu weiß, wie es sich anfühlt, mitten im politischen Orkan zu stehen: Schon einmal musste der einstige Schiffskommandant, der seit 2004 an der Spitze Rumäniens steht, eine Amtsenthebung durch das Parlament und ein Referendum über sich ergehen lassen. 2007 konnte er sich noch klar durchsetzen, an diesem Sonntag geht es für den 61-Jährigen aber um alles. Laut Umfragen wollen knapp 70 Prozent der Rumänen gegen Basescu votieren, der sich mit harten Sparmaßnahmen unbeliebt gemacht hat.
Seit Monaten tobt ein Machtkampf, wie ihn Rumänien seit der Wende von 1989 nicht erlebt hat und den auch die EU-Partner fassungslos verfolgen. Der im Mai angetretene Premier Victor Ponta und seine Sozialliberale Union (USL) haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Basescu wegen angeblicher Verfassungsverstöße zu stürzen.
Spitzenposten wie der Vorsitz über beide Parlamentskammern und die Volksanwaltschaft wurden im Handstreich mit loyalen Gefolgsleuten besetzt, etwa 40 Notverordnungen erlassen. Die Kompetenz des Verfassungsgerichts wurde beschnitten.
Anfang Juli wurde Basescu von den Abgeordneten plangemäß suspendiert, doch da der Präsident vom Volk gewählt wird, haben die Bürger das letzte Wort. Die Regierung beschloss ein Hauruck-Gesetz, wonach die Mehrheit der abgegeben Stimmen für eine Amtsenthebung genügt. Doch das Verfassungsgericht, unterstützt von lauten Protesten der EU, kippte die Bestimmung. Nun müssen mehr als 50 Prozent der Wahlberechtigten teilnehmen und von denen mehr als 50 Prozent Basescu abwählen.
Boykott "der Maskerade"

Die oppositionellen Liberaldemokraten haben zum Boykott "der Maskerade" aufgerufen und vor einem möglichen Wahlbetrug gewarnt. Premier Ponta verurteilte das als "anti-demokratisch". Er unternimmt alles, um die Beteiligung in die Höhe zu treiben: Die Öffnungszeiten der Wahllokale wurden um vier Stunden verlängert. Für Urlauber am Schwarzen Meer sind mobile Wahlurnen unterwegs. Tombolas und Spiele sollen die Bürger anlocken.
Was aber steckt hinter Pontas biblischem Hass auf Basescu, den er als "größten Lügner der rumänischen Geschichte" beschimpft? Warum riskiert er die Isolierung? Als Auslöser gilt die juristische Verfolgung von Adrian Nastase. Der Ex-Premier und politische Ziehvater Pontas wurde im Juni trotz massiver Einflussnahme der Regierung vom Höchstgericht wegen illegaler Parteienfinanzierung zu zwei Jahren Haft verurteilt und beging einen Selbstmordversuch. In einem Land, in dem 96 Prozent der Menschen Korruption als größtes Übel ansehen, sandte dieses Urteil Schockwellen durch die Schicht der Profiteure. "Wir besitzen nicht die ganze Macht, wenn wir nicht auch die Justiz haben", soll ein TV-Magnat offen gesagt haben.
Was hat das mit Basescu zu tun? Im August sind einige Staatsanwälte und der Chef der Antikorruptionsbehörde zu bestellen – und der Präsident hat ein Vorschlagsrecht.
Machtkampf: Die Gegenspieler
Victor Ponta Seit Mai ist der 39-jährige ehemalige Staatsanwalt Premier. Der Sozialdemokrat hat sich in kurzer Zeit in der EU einen schlechten Ruf erworben. Der Liebhaber schneller Autos hat noch ein anderes Imageproblem: Die Uni Bukarest hat ihm ein Drittel seiner Dissertation als "massives Plagiat" nachgewiesen.
Traian Basescu Der 60-Jährige war bis 1987 Schiffskommandant, machte dann eine Karriere in der Demokratischen Partei, war Bürgermeister von Bukarest und wurde 2004 Staatspräsident. Auch gegen ihn gab es immer wieder Vorwürfe von Korruption und Amtsmissbrauch.
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