Rot und Grün fehlen Mut und Projekte

Porträt eines Mannes vor einem roten Hintergrund.
Ein paar Fotos machen keine Mehrheit. Was wollen Rote und Grüne eigentlich?

Werner Faymann und Eva Glawischnig trinken in Wien gerne mal einen Kaffee miteinander. Warum auch nicht? Keine Zeitung würde dafür einen Fotografen vorbeischicken. Aber der gemeinsame Ausflug in die Salzburger Berge wurde plötzlich zum öffentlichen Ereignis. Der Kanzler geht mit den Grünen ein Stück des Weges gemeinsam. Das ist ja wirklich allerhand. Immerhin: Für Peter Pilz ein willkommener Anlass, sich nach der Sommerpause zurückzumelden.

Sollten die Führungen von SPÖ und Grünen nach den nächsten Nationalratswahlen eine Regierung anstreben, dann muss ihnen mehr einfallen als ein bisschen Händchenhalten im Grünen. Politik ist auch Show, aber die politische Lage ist in Österreich zu verwirrt, als dass man mit ein paar Fotos etwas bewegen könnte. Die Kenntnis der Grundrechenarten reicht, um zu wissen, dass es im Moment keine rot-grüne Mehrheit gibt.

Gemeinsames Projekt

Der Wähler darf auch mehr erwarten als schlichte Symbole. Als Joschka Fischer im Jahr 1985 in seinen später berühmt gewordenen Turnschuhen den Eid auf die hessische Verfassung ablegte, hatten die deutschen Grünen auf einen Regierungseintritt schon lange hingearbeitet. Und es verband sie mit den Sozialdemokraten in großes Ziel: der Ausstieg aus der Kernenergie. Diese Koalition auf Landesebene hielt nicht lange, aber wurde doch zum Ausgangspunkt für ein rot-grünes Projekt, mit dem Joschka Fischer und Gerhard Schröder(SPD) im Jahr 1998 den Langzeitkanzler Helmut Kohl ablösen konnten.

Genau davor drücken sich in Österreich SPÖ und Grüne: der klaren Ansage, gemeinsam regieren und etwas bewegen zu wollen. Die neue Broschüre der ÖVP, die Chaos und Anarchie verheißt, wenn Rot-Grün ans Ruder käme, hat vielleicht den Autoren und ein paar schwarzen Funktionären Spaß gemacht. Aber die Ehe würde wohl nicht abgeschafft und Haschisch nicht legalisiert werden. Landeshauptmann Pröll sieht die Grünen im KURIER differenziert, in EU-Fragen attestiert er Verantwortungsbewusstsein.

Aber was wollen die beiden Parteien wirklich, wenn sie könnten, wie sie wollten? Wie würde die Industriepolitik einer rot-grünen Regierung aussehen? Was passiert mit den Steuern? Wie würden Schulen und Unis neu organisiert? Gilt Tempo 30 dann in allen Städten? Das sind wesentliche und auch berechtigte Fragen, auf die die Wähler gerne Antworten hätten.

So, wie sie auch erfahren sollten, ob die ÖVP wirklich noch einmal Schwarz-Blau anstreben wird. Was im Moment rein rechnerisch auch unwahrscheinlich ist.

Klare Verhältnisse

Klare Verhältnisse Anders als in Deutschland legen sich in Österreich die Parteien nur ungern fest, was sie mit den Stimmen machen, wenn sie die Wähler einmal abgegeben haben. Das muss an unserem Nationalcharakter liegen. Aber in Zeiten wachsender Unsicherheit hat das Volk einen Anspruch auf klare Ansagen. Es soll ja auch für klare Verhältnisse sorgen.

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