Reinheitsgebot: Regierung braucht Opposition

Zwei Männer in Anzügen stehen an Rednerpulten vor Flaggen und dem österreichischen Wappen.
Ob bei Transparenzpaket oder Parteienförderung – SPÖ und ÖVP benötigen den Sanktus von Grünen, Blauen oder Orangen.

Symbolik vom Feinsten. Kurz bevor die Regierungsspitzen ihr Sauberkeitspaket präsentieren, reinigt eine Dame deren Glas-Stehpulte. Durchsichtig soll ja fortan die Finanzierung der Parteien sein. Die Regeln dazu sind am Dienstag im Ministerrat beschlossen worden. Gelten sollen sie ab Juli. Kern des Transparenzpakets: neue Vorschriften für Parteispenden (siehe Artikelende) . Zudem wird die Parteienförderung reformiert. Derzeit ist sie – je nach Bundesland – unterschiedlich hoch. Vereinheitlicht wird sie, wie von der ÖVP ursprünglich gefordert, freilich nicht. Es gibt einen breiten Korridor – den SPÖ-Sozialminister Rudolf Hundstorfer verteidigte: "Sie werden doch nicht so naiv sein und glauben, dass wir alles auf ein Niveau bringen können, was in 60 Jahren gewachsen ist."

Die Bundesparteien bekommen etwas drauf. Künftig gibt es je Wahlberechtigtem mindestens fünf, maximal elf Euro. Weil es derzeit nur 2,41 Euro sind, wird die Förderung somit auf fünf Euro mehr als verdoppelt. Im Gegenzug fällt die Wahlkampfkostenrückerstattung nach Nationalrats- und EU-Wahlen. Wer ins EU-Parlament einzieht, aber nicht im Nationalrat ist, geht künftig leer aus. Das würde etwa für die Liste von Hans-Peter Martin gelten.

Kanzler Werner Faymann ist stolz auf die neuen Sauberkeitsgebote: Österreich werde "von einem Nachzügler zu einem Vorreiter in Europa". Vizekanzler Michael Spindelegger befand: "Damit haben wir unseren Beitrag geleistet, um die Konsequenzen ausdem U-Ausschuss zu ziehen." Gegessen ist das Ganze aber noch nicht. Die Regierung will Verfassungsgesetze; dazu braucht sie den Sanktus von zumindest einer Oppositionspartei. Grünen, Blauen und Orangen behagt das Paket nicht. Den Grünen ist die Offenlegungsgrenze bei Parteispenden (5000 €) zu hoch. Sie wollen auf 500 Euro runter. Die FPÖ kritisiert den Korridor für die Parteienförderung ("Das ist nicht Fisch und nicht Fleisch, das hätte man so lassen können"). BZÖ-Chef Josef Bucher stößt sich daran, dass die Parteienförderung so hoch bleibt, wie sie ist – 170 Millionen Euro: "Da müssen wir runter."

Von den Ländervertretern gab es vorerst nur eine Reaktion. Wiens SPÖ-Bürgermeister Häupl sagte, er könne mit dem Kompromiss leben. Die Wiener haben derzeit die höchste Parteienförderung: 28,9 Euro pro Wahlberechtigtem. In Summe werden die Wiener Parteien laut Häupl 1,2 Millionen Euro verlieren.

Sauberkeit: Was die Regierung will

Transparenzpaket: Spenden an Parteien über 5000 Euro müssen offengelegt und vom Rechnungshof (RH) veröffentlicht werden. Spenden über 50.000 Euro müssen sofort veröffentlicht werden. Stückelungen, um die Grenzen zu unterschreiten, sind verboten. Verboten werden Spenden von Parlamam Dienstentsklubs, Parteiakademien, öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Unternehmen von mind. 25 Prozent Staatsanteil. Die Rechenschaftsberichte sollen auch eine Liste von Unternehmen enthalten, an denen eine Partei 5 Prozent direkt oder 10 Prozent indirekt hält. Bei Verstößen drohen Strafen bis zu 100.000 €. Geprüft werden die Angaben von Wirtschaftsprüfern und RH.

Parteienförderung: Die Wahlkampfkostenrückerstattung (gibt es im Bund, in Tirol und Kärnten) fällt, fließt aber in die Parteienfinanzierung ein. Bund soll künftig 5 bis 11 € pro Stimmberechtigtem auszahlen, die Länder – auch für Gemeinden/Bezirke 10 bis 22 €.

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