Polen: Vom Polit-Clown zur Nummer 3
An der Regierungsfront wenig Neues: Auch nach der sonntägigen
Parlamentswahl in Polen kann die konservativ-liberale Bürgerplattform von Premier Donald Tusk (die PO erhielt fast 39 Prozent der Stimmen) mit dem bisherigen Juniorpartner, der Bauernpartei PSL (8,5 Prozent), zwar mit knapper Mehrheit, aber doch weiterregieren.
Viel Neues dagegen beim Newcomer der polnischen Innenpolitik: Der unorthodoxe Politiker
Janusz Palikot katapultierte sich beim ersten Antreten mit seiner gleichnamigen Liste von Null auf den dritten Platz (mehr als zehn Prozent). Wer ist nun dieser Shootingstar?
Palikot, der einen Magister in Philosophie und Millionen Zloty Dank seines Unternehmertums in der Alkoholbranche sein Eigen nennt, war selbst bis 2010 Abgeordneter der Tusk-Partei, zuletzt sogar Vize-Fraktionsvorsitzender. Seine Aufgabe war - die Provokation des politischen Gegners, der Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) von Jaroslaw Kaczynski und dessen Bruder Lech, der Staatspräsident, der bei einem Flugzeugabsturz bei Smolensk 2010 tödlich verunglückte.
In der Rolle des agent provokateur warf der geschiedene Palikot Fragen über das Sexualleben und den Alkoholkonsum des Polit-Zwillingspaares auf und präsentierte sich bei Pressekonferenzen mitunter mit einem Plastikpenis.
Trennung Staat - Kirche
Doch Palikot, der aus der ostpolnischen Wojewodschaft Lublin stammt, war nicht allein der Polit-Clown. Er verlangte eine transparentere Gesellschaft, mehr Bürgermitbestimmung, eine Abschaffung des Berufspolitikertums und den Abbau des Behördenstaates, mehr Frauen- und Minderheitenrechte sowie eine reale Trennung von Kirche und Staat.
Als der ehemalige Unternehmer in der Bürgerplattform die Verschlankung des Staates nicht durchsetzen konnte, trat er aus und gründete die "Bewegung Palikot", der sich viele Homosexuelle anschlossen. Der zweitbekannteste Politiker seiner Formation ist der Schwulenaktivist Robert Biedron.
In einem jüngst veröffentlichten Enthüllungsbuch "Hinter den Kulissen der Bürgerplattform" erklärte Palikot seinen Aufstieg in der PO freimütig durch seinen Reichtum. In der Partei zähle vor allem das Geld. Diese Rolle des Rebellen kommt in
Polen generell gut an. Eine Koalition schließe er nicht aus, so ein freudestrahlender Palikot nach der Wahl, er könne jedoch auch als "konstruktive Opposition" mitwirken.
Als ersten Vorstoß zur Modernisierung Polens will er die Finanzierung von künstlichen Befruchtungsmethoden durch den Staat vorschlagen. Ein in der Bevölkerung populärer Ansatz, der von der katholischen Kirche aber heftig abgelehnt wird.
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