Pläne für Assange-Festnahme aufgeflogen

Polizisten stehen vor der Botschaft von Ecuador in London.
Ein Polizist hat seine Mitschriften über die Pläne zur Festnahme des WikiLeaks-Gründers für Fotografen sichtbar in der Hand gehalten.

Pläne der britischen Polizei zur Festnahme von WikiLeaks-Gründer Julian Assange bei einem möglichen Verlassen der ecuadorianischen Botschaft in London sind am Samstag versehentlich an die Öffentlichkeit gelangt. Ein Fotograf machte Aufnahmen von Notizen, die ein Polizist vor der Botschaft in der Hand hielt. Diese waren unter anderem mit dem Wort "geheim" versehen und wurden nun von mehreren Zeitungen gedruckt.

Auf dem Papier ist zu lesen, der Mitte Juni in die Botschaft Ecuadors geflüchtete Assange sei "unter allen Umständen" festzunehmen, wenn er das Gebäude verlasse. Dies sollte allem Anschein nach auch für den Fall gelten, dass der 41-jährige Australier die diplomatische Vertretung in einem Wagen oder als "diplomatisches Gepäck" verlässt. Zudem enthält das Papier einen Warnhinweis, dass Anhänger Assanges versuchen könnten, die Polizei abzulenken.

Ein Sprecher von Scotland Yard bestätigte, dass es sich bei dem Dokument um "die Mitschrift eines Polizisten aus einer Besprechung" handle. "Unser Ziel ist es, Assange wegen der Verletzung seiner Kautionsauflagen festzunehmen", sagte er. "Unter keinen Umständen" solle dabei aber gegen diplomatische Regeln verstoßen werden.

Assange soll an Schweden ausgeliefert werden, wo ihm Sexualdelikte zur Last gelegt werden. Er fürchtet aber eine Auslieferung an die USA, wo er wegen Spionage angeklagt werden könnte. Wikileaks veröffentlichte zehntausende geheime Depeschen der US-Diplomatie sowie Dokumente zu den Kriegen im Irak und in Afghanistan. Ecuador gewährte Assange Asyl, er kann aber London nicht verlassen.

Diplomatisches Hickhack

Indes hat Großbritannien nach Angaben von Ecuadors Präsidenten Rafael Correa zugesichert, die Immunität seiner Botschaft in London nicht zu verletzen. In einer Fernseh- und Rundfunkansprache sagte Correa am Freitagabend, er begrüße, dass das britische Außenministerium im Streit um den in die ecuadorianische Botschaft geflüchteten WikiLeaks-Mitbegründers eingelenkt habe. Er fügte hinzu, Ecuador werde "niemals jemanden um Erlaubnis zur Ausübung seiner Souveränität bitten und stets die Menschenrechte eines jeden verteidigen, der darum bittet".

Wenige Stunden zuvor hatte Correas Außenminister Ricardo Patiño auf einer auf Initiative Ecuadors einberufenen Dringlichkeitssitzung der Organisation amerikanischer Staaten (OAS) in Washington eine "öffentliche Entschuldigung" Großbritanniens für das von London angedrohte Eindringen in die ecuadorianische Botschaft gefordert.

Aufruf zu Dialog

Ein Mann hält ein Schild mit einem Bild von Julian Assange und der Aufschrift „Free Speech Press Assange“.

Der britische Beobachter bei der OAS, Philip Barton, versicherte, Großbritannien habe die ecuadorianische Botschaft "zu keinem Zeitpunkt bedroht". Zugleich rief er zu einem "konstruktiven Dialog" auf. Assange hält sich seit mehr als zwei Monaten in der Botschaft Ecuadors auf. Quito gewährte dem 41-jährigen Australier, der seiner Auslieferung an Schweden entgehen will, am 16. August Asyl.

Das Treffen der OAS-Außenminister und -Vertreter rief London und Quito zur "Fortsetzung des Dialogs" auf. Zugleich wandte sich die Versammlung gegen "jeden Versuch, der die Unverletzlichkeit der diplomatischen Vertretungen gefährden könnte". "In diesem Zusammenhang" erklärte sie ihre "Solidarität und Unterstützung für Ecuador", heißt es in einer Resolution, die per Konsens verabschiedet wurde - ungeachtet der deutlichen Vorbehalte der USA und Kanadas.

Auslieferung an Schweden

Die schwedische Justiz beharrt seit Monaten darauf, dass sich Assange in Schweden den Angaben zweier Frauen stellt, die ihm sexuelle Übergriffe beziehungsweise Vergewaltigung zur Last legen. Eine Vernehmung Assanges in Ecuadors Londoner Botschaft lehnt die schwedische Seite ab. Ebenso lehnt die britische Seite es ab, Assange freies Geleit nach Ecuador zu gewähren.

Assange befürchtet, von Schweden an die USA ausgeliefert zu werden, wo ihm ein Prozess wegen Spionage und damit die Todesstrafe droht. Die USA haben aber bisher keinen Haftbefehl gegen Assange ausgestellt.

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