"Piraten" kommen: Als "Protestventil" zum Erfolg

"Piraten" kommen: Als "Protestventil" zum Erfolg
Die Piratenpartei steht vor dem Einzug ins Berliner Abgeordnetenhaus.

Bei den Landtagswahlen in Berlin bahnt sich eine große Überraschung an. Die Piratenpartei steht vor dem Einzug ins dortige Abgeordnetenhaus. Laut den letzten Umfragen von ARD und ZDF könnte sie auf 5,5 bis 6,5 Prozent der Wählerstimmen kommen und hat somit beste Chancen, erstmalig in ein Parlament auf Landesebene einzuziehen. Und das in der Stadt, in der die Partei vor gerade erst einmal fünf Jahren gegründet wurde.

Bisher spielte die Piratenpartei eine eher untergeordnete Rolle in der deutschen Spitzenpolitik - in die Nähe der Fünf-Prozent-Hürde schaffte man es bisher nie. Doch dies scheint sich nun zu ändern.

"Protestventil"

Auch der Parteienforscher Oskar Niedermayer sieht die Piratenpartei im Aufwind. "Die Piraten bilden so eine Art Protestventil. Und sie gelten als noch unverbrauchte Leute", so der Parteienforscher in einem Interview.

Besonders die Grünen werden den Erfolg der Piraten schmerzhaft zu spüren bekommen. So vermutet Niedermayer, dass die Partei "in Berlin stärker als sonst von den Grünen Stimmen" holen werde. Im Frühjahr waren die Grünen in Umfragen noch die stärkste Fraktion gewesen, fielen mittlerweile jedoch hinter SPD und CDU zurück.

Spektrum erweitert

Ursprünglich stand vor allem der freie Austausch im Internet - worauf auch der Parteiname zurückzuführen ist - im Zentrum des Parteiprogramms. Die Partei befürwortet jedoch nicht etwa die Verbreitung illegaler Kopien im Netz, sondern setzt sich dafür ein, das Recht auf Privatkopien zu erhalten und auszubauen.

Der rapide Anstieg der Mitgliederzahlen von ehemals einigen Hundert auf mittlerweile mehr als 12.000 sorgte dafür, dass man sich auch um neue Themen bemühen musste. Die Partei tritt jetzt auch für politische Transparenz, eine Verbesserung des Bildungswesens und des öffentlichen Nahverkehrs, sowie für die Einführung des garantierten Grundeinkommens ein. Mit allzu viel Wissen über diese Themen konnte Spitzenkandidat Andreas Baum - er war per Los bestimmt worden - bei einer TV-Debatte allerdings nicht glänzen.

"Gläserner Staat"

Auf die Frage, was die Piraten von anderen Parteien unterscheide, meint Sprecher Ben de Biel, gegenüber dem KURIER, dass man "einen gläsernen Staat, nicht einen gläsernen Bürger" anstrebe. "Transparenz in Politik und Verwaltung" sei essenziell. "Viele möchten den etablierten Politikbetrieb, so wie er sich seit Jahren darstellt, nicht und sind entsprechend frustriert", so de Biel. "Wir sind sozusagen die einzige Option, der man zutraut, dass sich etwas ändert", deutet er die Unzufriedenheit der Wähler mit der etablierten Parteienlandschaft an. "Wir wollen in erster Linie nicht alles mögliche versprechen, um es dann nicht halten zu können."

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