Peer Steinbrücks langer Anlauf

Peer Steinbrücks langer Anlauf
Der Ex-Finanzminister will nun mithilfe seines Freundes Helmut Schmidt der SPD seine Kanzlerkandidatur aufzwingen.

Es war eine unerwartet langweilige Stunde: Günther Jauch, beliebtester Talkmaster der Nation, hatte SPD-Altkanzler Helmut Schmidt und Peer Steinbrück, Merkels Finanzminister aus der Großen Koalition, zu Gast. Neuigkeiten gab es keine, aber sogar ihre Kritik an der Regierungsarbeit in der Europa-Krise war früher prägnanter. Und damit das Markenzeichen Steinbrücks, seine an die einst legendäre "Schmidt-Schnauze" erinnernde Schlagfertigkeit. Das Handelsblatt urteilte am Montag, dass "Steinbrück damit seiner angestrebten Kanzlerkandidatur nicht näher-, aber auch nicht ferner gekommen" sei.

Steinbrücks Auftritt und die Kanzler-Empfehlung aus dem Mund des 92-jährigen SPD-Altkanzlers gehört zu einem sorgfältig geplanten Medienpaket: Ihr gemeinsames Buch "Zug um Zug" zur Euro-Krise kommt gerade auf den Markt und erhält auch in SPD-freundlichen Medien wie Spiegel und Zeit (deren Mitherausgeber Schmidt ist) breites Echo. Der einfache SPD-Abgeordnete Steinbrück fixiert damit seinen Anspruch, 2013 CDU-Chefin Merkel herauszufordern.

Macher

Er tut dies gegen den kaum verhohlenen Widerwillen seines Parteichefs Sigmar Gabriel und des Fraktionschefs Frank-Walter Steinmeier, die sich ebenfalls für eine Kanzlerreserve halten - auch wenn noch nie einer der drei eine Wahl gewonnen hat. Steinbrücks Rivalen sind zu dem Thema extrem schmallippig, obwohl auch sie sonst keine Gelegenheit für Medienauftritte auslassen. Beide wissen, dass Steinbrück als bewiesener "Macher" wie einst Schmidt am ehesten bürgerliche Wechselwähler von Merkel abziehen könnte.

Allerdings ist Steinbrück auch, wie sein Mentor, bei der SPD-Linken unbeliebt, die er einmal öffentlich als "Heulsusen" abqualifizierte. "Kanzlerkandidaten werden nicht von Altkanzlern ausgerufen, sondern von der Partei bestimmt,"empörte sich am Montag etwa Juso-Chef Sascha Vogt. Als SPD-Favorit gilt Steinbrück bisher trotzdem. Auch wenn seine Auftritte "ein in der Politik sehr gefährlicher Frühstart sind", wie der Politikwissenschaftler Gerd Langguth warnt.

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