Paris: Regierung kürzt eigene Gehälter

Egalité" (Gleichheit) jubelte in Balkenlettern das Pariser Blatt Libération. Tatsächlich verkörpert die neue, rot-grüne Regierung unter Premier Jean-Marc Ayrault, die am Mittwoch erstmals zusammentrat, auch die Einlösung von zwei Versprechen von Präsident Francois Hollande: Mit 18 Frauen von insgesamt 35 Regierungsmitgliedern ist die Parität der Geschlechter erreicht. Außerdem wurde auf der Sitzung am Donnerstag beschlossen, die Gehälter des Staatschefs und aller Regierungsmitglieder um 30 Prozent zu senken.

Eine weitere Neuerung: 7 Minister, also 20 Prozent der Regierung, entstammen der sogenannten "Diversität" (Vielfalt) – eine behelfsmäßige Etikettierung jener Franzosen, die aus afrikanischen, arabischen, karibischen oder asiatischen Familien stammen. Obwohl die Betroffenen die Einengung ihrer Persönlichkeit auf diese Abstammung ablehnen, gilt es doch als deutliches Signal, dass etwa Justizministerin Christiane Taubira aus der Anti-Kolonialismusbewegung der Übersee-Provinz Guyana kommt. Als Abgeordnete erstritt Taubira ein Gesetz, das die einst von Frankreich praktizierte Sklavenverschleppung aus Afrika zum "Verbrechen gegen die Menschheit" erklärte.
Jung und bunt

Ebenso bedeutsam ist die Ernennung von Najat Belkacem zur Regierungssprecherin und Ministerin für Frauenrechte. Die in Marokko geborene Politikerin ist mit 34 Jahren das jüngste Regierungsmitglied. Darüber hinaus gab es noch nie derartig viele jüngere Semester in einer französischen Regierung, wobei die Mehrheit der Minister bisher auch noch über keine Regierungspraxis verfügt.
Die wird allerdings durch die Präsenz von alt gedienten Persönlichkeiten ausgeglichen: Nummer zwei nach dem Premier ist Außenminister Laurent Fabius. Der 65 jährige Ex-Premier und Ex-Finanzminister ist in der heiklen sozialen Lage ein guter Griff: Als Finanzminister verfolgte er zwar einen sozialliberalen Kurs mit einer Höchstzahl an Privatisierungen. Beim Referendum über die EU-Verfassung 2005 kämpfte er aber mit linken Argumenten gegen den in der EU-Verfassung postulierten "unverfälschten Wettbewerb".

Er warb für das Nein, für das sich eine Mehrheit der Franzosen entschied. Heute passt diese Mischung zum Kurs von Hollande, der die Sparauflagen in der Euro-Zone einen Spaltbreit lockern und durch Wachstumsimpulse ergänzen möchte, um die auch in Frankreich spürbare soziale Wut und Anti-EU-Stimmung abzufangen.
Fabius ist von einer Riege von pragmatischen Pro-EU-Politikern umgeben, allen voran Premier Ayrault und Finanzminister Pierre Moscovici. Dieser war einst als Europa-Minister einer der Autoren der EU-Verfassung, die Fabius damals bekämpfte.
Als geschickter Schachzug gilt auch die Ernennung des 49-jährigen Manuel Valls zum Innenminister. Der in Barcelona geborene und erst mit 20 Jahren eingebürgerte Valls, zuletzt Bürgermeister einer Problemvorstadt, gilt als harter Ordnungspolitiker. Er findet auch in konservativen Polizeikreisen Gehör.
Kommentare