ÖVP-Chef will die alten Werte neu beleben

Ein Mann in einem Anzug steht vor einem Rednerpult mit dem ÖVP-Logo.
In seiner Österreich-Rede äußert sich der ÖVP-Chef gegen Populisten und "Politclowns wie die Piraten".

Auf der Bühne des Großen Redoutensaals tanzten vier sehnige Menschen. Über dem Quartett flatterte eine rot-weiß-rote Österreich-Fahne. Und aus den Boxen klang Tschaikowsky: In der Wiener Hofburg, einem „Schnittpunkt von Zukunft und Tradition“ (ÖVP-Ankündigung) hielt Michael Spindelegger am Montag seine erste große Österreich-Rede – „Zukunft aus Tradition“.

Das Ballett tanzte den „Dornröschen-Walzer“ – und das passte ganz gut zu diesem Vormittag. Auch vom 53-jährigen Spindelegger, der die Schwarzen seit einem Jahr führt, wird erwartet, die ÖVP endlich wachzuküssen, zu alter Stärke zurückzuführen.

An der Grundlinie

Ehe der Vizekanzler erklärte, wie er die Volkspartei aus dem Umfragen-Tief führen will, durfte Schulkollege Ronnie Leitgeb über Freund Michael erzählen. „Er war nie laut, nie aggressiv, beim Tennis ist er ein solider Grundlinienspieler“, sagte der einstige Manager von Tennis-Ass Thomas Muster. Leitgeb wusste, dass „brav“ und „ordentlich“ keine Attribute sind, die man Machern gibt. Deshalb sagte er, dass ja „auch der Tom ein solider Grundlinienspieler war“ – und der hat es immerhin auf Platz 1 der Weltrangliste geschafft.

Wie also will es Spindelegger anstellen, die ÖVP wieder an die Spitze zu hieven?
An großen Stichwörtern wie „Vertrauen“ und „Respekt“, „Ehrlichkeit“ und „Anstand“, „Zusammenhalt“, „Fleiß“ und „Freiheit“ machte der Außenminister die Positionen seiner Volkspartei fest.

Inhaltlich referierte er Bekanntes: An die Adresse von Wirtschaft und Arbeitenden sagte er, man müsse die Bürokratie zurückdrängen und die Steuerlast mindern – insbesondere der Mittelstand habe sich eine „Steuer-Diät“ verdient. Für die Familien schlug er einen Steuer-Freibetrag von 7000 Euro pro Kind vor, ein „Generationenbeauftragter“ müsse helfen, die Stellung älterer Menschen neu zu definieren.

Es war eine Rede für die Partei – und weniger für die Wähler. Politische Gegner kamen zwar vor, allerdings am Rande – als „zukunftsängstlich“ ( SPÖ) oder „zukunftsfeindliche Hetzer“ (FPÖ); als „Polit-Clowns“ (Piraten) oder „in einer Scheinwelt lebende Gutmenschen“ (Grüne).

Wenn Spindelegger gegen Gesamtschule oder Erbschaftssteuer wetterte, machte er klar, „dass wir uns Politik nicht von Umfragen oder Zeitungen diktieren lassen“. – Eine klare Ansage gegen den Koalitionspartner SPÖ.
Doch selbst bei diesen Passagen wechselte seine Stimmlage kaum – das Spiel mit Emotionen und Rhythmuswechseln ist nicht die Stärke des Vizekanzlers.

Parteigründung

Was nicht heißt, es habe in der einstündigen Rede keine starken Momente gegeben: Einer war wohl der, als Spindelegger die Geschichte seines Vaters Erich erzählte. Der 93-Jährige saß gestern in der Hofburg und hatte sich nach dem Zweiten Weltkrieg von Nord-Europa nach Österreich zurückgekämpft. „Er ging nur zu Fuß, hat ein halbes Jahr gebraucht“, sagte Spindelegger.

Als sein Vater zu Hause angekommen war, gründete er die ÖVP Hinterbrühl. Hatte der Senior nichts Besseres zu tun? „Natürlich“, antwortete der Sohn. „Aber er hat es aus Liebe zur Freiheit getan.“

Spindelegger mag geahnt haben, dass man ihn am Ende wieder als zu bieder wahrnehmen würde. Deshalb versuchte er, seinen Kritikern zuvorzukommen – und sagte noch in der Rede: „Ich muss nicht aus einem Flugzeug springen, um Mut zu beweisen.“

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