Notenbankchef Nowotny: Athen hat Finanzbedarf

Ein Mann mit grauem Haar und Bart gestikuliert in einem Büro.
Wie in einem Spinnennetz waren Europas Spitzenpolitiker nach dem Ausgang der Griechenland-Wahl miteinander verbunden.

Das Zentrum des Netzwerks bildete der Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, der mit den Notenbanken konferierte. In Österreich hielt Gouverneur Ewald Nowotny die Stellung; er stand auch in regelmäßiger Verbindung zu Bundeskanzler Werner Faymann. Nowotny zum KURIER: "Noch gibt es keinen Überblick, wie eine neue Regierung aussehen wird. Es gibt die Hoffnung, dass es bald zu einer Regierung kommt, die ein kompetenter Gesprächspartner ist." Nowotny erwarte, die Regierungsbildung möge "rasch erfolgen, weil in Griechenland ein "neuer Finanzbedarf besteht. Für die Abdeckung des Finanzbedarfs sind rasch Gespräche mit EU, EZB und dem IWF zu führen".

Aufatmen

Erleichtert reagierten nach Bekanntgabe der Hochrechnung Bundeskanzler Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger. Faymann hofft auf eine proeuropäische Regierung in Athen. "Wichtig ist, dass nach diesen Wahlen in Griechenland eine Politik verankert wird, die auf zwei Säulen steht: auf einem nachhaltigen Konsolidierungskurs mit Strukturveränderungen sowie auf Wachstum" ( siehe Seite 4 ). Der Kanzler legt Wert darauf, dass die ausverhandelten Bedingungen mit Griechenland eingehalten werden. "Die Menschen brauchen auch Luft zum Atmen. Die Konsolidierung darf nicht ausschließlich auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen werden", sagte Faymann zum KURIER.

Spindelegger freut sich, dass sich die pro-europäischen Kräfte durchgesetzt haben. "Wichtig ist, dass die Regierung die Reformen fortsetzt und die Wirtschaft auf gesunde Beine stellt. Der von mir vorgeschlagene Wachstumsfonds ( in Höhe von 64 Mrd. Euro, Anm. ) soll griechischen Unternehmen zugute kommen", sagte Spindelegger. Neue Schulden sollen Wachstumsprojekte nicht nach sich ziehen, heißt es im Kabinett des Vizekanzlers.

Der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, plädierte dafür, dem hochverschuldeten Griechenland mehr Zeit zur Erfüllung der Sparauflagen zu geben. "Wir müssen mit einem Wachstums- und Beschäftigungspakt und ein bisschen mehr Zeit zum Sparen den Griechen wieder auf die Beine helfen", sagte Schulz.

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso betonten, man stehe weiter "zu Griechenland als Mitglied der EU-Familie und der Eurozone."

Votum für Reformen

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble deutet das Wahlergebnis als Votum für Reformen: "Der Weg dorthin ist weder kurz noch leicht, aber unvermeidlich."

Der Vorsitzende der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, sagte, man wolle Griechenland "bei seinen Anpassungsanstrengungen helfen". Sparkurs und Strukturreformen seien "Griechenlands beste Garantie, die gegenwärtigen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen zu überwinden", so Juncker. Sobald es eine Regierung gibt, wolle man zur Überprüfung der Bücher nach Athen zurückkehren. Ohne ein Votum der "Troika" (EU-Kommission, EZB und IWF) gibt es kein neues Geld aus dem Hilfsprogramm.

 

 

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