Mit Staatssekretär Kurz in Bosnien

Es ist so wie immer für Sebastian Kurz. Auch beim Sicherheitscheck am Flughafen Schwechat wird er streng geprüft. Die Schuhe werden kontrolliert, ein Beamter fuchtelt mit dem Hand-Metalldetektor über das Sakko von Kurz. Vor fünf Monaten hat er sein Amt als Staatssekretär für Integration angetreten, damals war er 24 Jahre alt - und deshalb medial im Mittelpunkt.
Die Aufregung ist weg, sie hat Platz gemacht für ein wenig Verwunderung. Dass er sich noch keine großen Schnitzer geleistet hat; dass er sich vom Sandsack der Regierung fast zu einem kleinen ÖVP-Hoffnungsträger gemausert hat. Kurz absolvierte auch den Sicherheitscheck erfolgreich und durfte am Mittwoch nach Sarajevo fliegen. Er besucht die Länder der großen Zuwanderergruppen; in Serbien war er schon, nach
Bosnien wird er die Türkei und Deutschland beehren. 134.000 Bosnier leben in Österreich, davon sind 52.000 Moslems - nach den Türken die zweitgrößte muslimische Migrantengruppe.
Die Spuren der vierjährigen Belagerung sind in Sarajevo noch allgegenwärtig. Für Kurz fanden die Termine aber in den Häusern mit den modernen Fassaden statt - nicht in jenen mit den Einschusslöchern im Verputz. Er traf Assistenzministerin Ruzmira Tihic-Kadric, die für die bosnische Diaspora zuständig ist, für bosnische Migranten in aller Welt also. "Sie hat großen Einfluss auf die bosnische Community in Österreich", sagt Kurz. Sie ist also eine Verbündete für ihn. Und eine Konkurrentin.
Denn einerseits klang ihre Botschaft an ihre Landsleute in Österreich wie ein Slogan von Kurz: Sie sollen die bosnische Kultur bewahren, sich in Österreich aber integrieren und Deutsch lernen. Andererseits gibt es einen Punkt, bei dem die beiden nicht zusammen finden.
Zwiespältig
Tihic-Kadric sagte nämlich auch: "Viele bleiben in
Österreich. Leider." Sie hätte die klugen Köpfe gern zurück - die Kurz um jeden Preis in Österreich halten will. "Menschen mit Migrationshintergrund sparen oft ein Leben lang für Häuser im Herkunftsland. Ich verstehe das, ich verstehe auch, wenn sie will, dass Geld in die Heimat fließt." 51 Millionen Euro überweisen Bosnier in Österreich pro Jahr an die Familie daheim - ein wesentlicher Faktor im zerstörten Land mit nur 12,5 Milliarden Euro Brutto-Inlandsprodukt. Kurz kämpft aber dafür, dass "die, die länger in Österreich bleiben, hier verwurzeln". Statt im Gemeindebau sollen sie in der Eigentumswohnung leben und "Geld, das sie hier verdienen, hier investieren".
Außer sie arbeiten für österreichische Firmen im Ausland: Kurz hat Außenposten großer Konzerne besucht; dazu kamen ein interkultureller Spaziergang durch die von drei Religionen geprägte Stadt und ein Frühstück mit Valentin Inzko, dem Hohen Repräsentanten der Vereinten Nationen in Bosnien.
Er wird es mit Genugtuung bemerkt haben: Nur ein einziger Gesprächspartner, der ihn in Sarajevo empfangen hat, hat Kurz laut auf sein Alter angesprochen. In manchen Fragen ist man in Bosnien offenbar aufgeschlossener als in Österreich: Beim Sicherheitscheck vor dem Rückflug, da haben sie Kurz einfach durchgewunken.
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