Mehr Politik in die Emotion

Mehr Politik in die Emotion
Politik braucht Gefühle, aber vor allem Wissen, Ideen und Sachverstand.

Sonderbares geschieht nicht nur in diesem Land. Beim deutschen Nachbarn, wo die Vernunft sozusagen erfunden wurde, würden 12 % der Bevölkerung die Piraten wählen, wenn morgen Bundestagswahlen wären. In Österreich wird das Potenzial der Piratenpartei, die es noch nicht wirklich gibt, auf 25 % geschätzt. Wer braucht schon Programme oder erfahrene Personen? Die Politik als Facebook-Happening.

Wahlentscheidungen sind immer auch irrational. Früher ging die Familie gemeinsam wählen, meistens so, wie es der Papa gesagt hat. Der hatte seinen Job oft von einer Partei – Dankbarkeit war noch eine politische Kategorie. Aber strukturelle Abhängigkeiten dieser Art und emotionale Bindungen gingen überall zurück. Die Stammwähler werden immer weniger, heute bestimmen Wut und Enttäuschung den Gefühlshaushalt, wenn Bürger an Politik und Wahlen denken, und das ist überall in Europa so.

Aber jenseits der Klagen über Korruption gilt noch immer: Wir leben in einem demokratischen Rechtsstaat. Dieser stellt eine in unseren Breitengraden noch sehr junge Errungenschaft dar. Natürlich können erfahrene Beamte in den Ministerien Gesetze machen. Aber sie sollten eigentlich nur das umsetzen, was die Mehrheit im Parlament politisch will. Und der Wille lässt sich nur durch Wissen und Erfahrung umsetzen.

Zustand der Politik

Ein Nationalrat, der sich von der Regierung seine Verkleinerung ausrichten lässt, hat das Selbstbewusstsein eines Pubertierenden. Eine Regierung, die sich noch immer nicht

über große Reformen traut, wirkt verloren und eine Justiz, an deren Unabhängigkeit gezweifelt wird, beschädigt den Glauben an den Staat. Also wird der Zustand der Politik zu Recht beklagt, der Ruf nach neuen Parteien ist allzu verständlich. Schön, dass Herr Stronach durch das Land tourt, seine einfachen Formulierungen für komplexe Zusammenhänge erfreuen aber mehr das Herz als den Verstand. Heute müssen sich viele Abgeordnete ihrer Partei beugen, die Abhängigkeit von den Millionen eines reichen Mannes macht die Politik auch nicht besser. Eine Gesellschaft ist kein Konzern, Politik funktioniert nicht per Weisungen.

Es spricht nichts gegen neue Parteien. Die Gruppierungen, die im Moment im Nationalrat vertreten sind, haben auf viele Herausforderungen keine Antwort. Oder trauen sich nicht, eine zu formulieren, weil sie niemanden verschrecken wollen. Aber kein Wähler soll sich von neuen Farben im politischen Spektrum große Wunder erwarten. Auch künftige Abgeordnete müssen darauf achten, Gesetze im Einklang mit der Verfassung zu beschließen, künftige Minister werden nach Brüssel fahren müssen, um dort mühsam Kompromisse für Österreich zu verhandeln. Und alle wollen wiedergewählt werden. "Nehmen Sie die Menschen, wie sie sind, andere gibt es nicht", hat der frühere deutsche Kanzler Konrad Adenauer gesagt. Das gilt auch für Politiker.

Ich wünsche Ihnen ein frohes Osterfest.

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