Mammut mit Neigung zu Ohnmachtsanfällen

Mammut mit Neigung zu Ohnmachtsanfällen
Der Korruptions-Ausschuss droht an seinem Geburtsfehler kläglich zu scheitern.

Eine Deutsch-Lehrerin aus Linz soll die größte Herkulesaufgabe stemmen, die die Republik derzeit zu vergeben hat. Das kann beim besten Willen nichts werden. Diese Botschaft verbreiten mal hämisch, mal mitleidig ihre politischen Gegner.

Die Grüne Gabriela Moser hat am Freitag in der Tat eine Mammutaufgabe übernommen, an der sie - oberflächlich betrachtet - nur scheitern kann: Die Vorsitzführung in einem U-Ausschuss, der die politische Verantwortung für sieben komplexe Korruptions-Affären klären soll.

Auf der Zeugenliste werden sich - von Wolfgang Schüssel bis Werner Faymann - ein Dutzend amtierender und ehemaliger Spitzenpolitiker und eine stattliche Riege von Spitzenmanagern - von Boris Nemsic bis Leo Wallner - finden. Optimisten hoffen, dass dafür ein halbes Jahr reicht. Realisten glauben, dass der Ausschuss zumindest ein Jahr lang hart zu arbeiten hat, will er nicht noch mehr Politiker-Frust hinterlassen. Die Vorzeichen stehen genau darauf - auf Schlammschlacht und Scherbenhaufen. Noch bevor der Ausschuss ein erstes Mal tagte, flogen derart die Fetzen, dass der Bundespräsident diese Woche zu einer Ermahnung ausrückte: "Ich appelliere, den Untersuchungsausschuss nicht zu einem Instrument des gegenseitigen Verunglimpfens zu machen, sondern mit aller Kraft und aller Korrektheit um Wahrheit und Aufklärung bemüht zu sein."

Darf ich Sie belasten?

Fischers Appell ist hundertprozentig zu unterschreiben. Eine einmalige Ermahnung von der Staatsspitze wird aber nicht ausreichen. Denn der U-Ausschuss hat einen schweren Geburtsfehler, den nur eine Vollversammlung von Heiligen wettmachen könnte. Die Vorsitzende fungiert nur nach außen hin als Chefin. Nach innen hin kann sie nur moderieren. Sie muss sich für jede simple Zeugenladungen eine Mehrheit suchen und die liegt bei Rot-Schwarz. SPÖ und ÖVP können nicht nur, sie müssen laut Koalitionsabkommen immer gemeinsam stimmen. Wetten, dass Schwarz oder Rot tausend Gründe einfallen, warum etwas nicht geht, wenn es eng für einen VPler oder SPler wird?

Diese Ausschuss-Regel ist in etwa so sinnvoll, als würde im Fall des Falles ein Prozess gegen Grasser & Co. so ablaufen: Der Staatsanwalt muss jedes Mal das Placet des Pflichtverteidigers der Beschuldigten einholen, wenn er einen neuen Belastungszeugen laden will.

In Deutschland sind die Einsetzung, aber auch Beweisanträge im Ausschuss ein Minderheitenrecht. Bereits ein Viertel der Mandatare reicht dafür, in Österreich wären das zwei der drei Oppositionsparteien gemeinsam. Wäre Rot und Schwarz ernsthaft an Aufklärung gelegen, dann hätten sie längst ihr seit Jahren offenes Versprechen eingelöst, das deutsche Modell zu übernehmen. Einige couragierte Abgeordnete werden auch diesmal bis zum Umfallen bemüht sein, aus einer Kontrollinstanz, in der nur die Mehrheit der Mehrheit auf die Finger klopfen darf, das Beste herauszuholen. Der Ausschuss bleibt dennoch ein Mammut mit Neigung zu Ohnmachtsanfällen. An dem Geburtsfehler werden sie und wir zu leiden haben.

Kommentare