Korruption: Keiner will es gewesen sein

Die Außentemperatur von fast 30 Grad Celsius passte am Dienstag gut zur hitzigen Atmosphäre im Parlament. Bei der von den Grünen einberufenen Sondersitzung gab es Wortgefechte nach dem Motto: "Wir waren es nicht." Keiner will für die Affären verantwortlich sein, die etwa in der Telekom zu "mafia-ähnlichen Zuständen" (SPÖ-Bundesgeschäftsführer Kräuter) geführt haben: Da wetterten die Grünen gegen Schwarz-Blau; die Roten nahmen
FPÖ und BZÖ ins Visier; die ÖVP sagte, das waren die Blauen; FPÖ-Chef Strache versuchte, die Malversationen dem BZÖ in die Schuhe zu schieben; und die Orangen spielten den Ball an die Schwarzen weiter.
Am Beginn der Sitzung stand eine dringliche Anfrage der Grünen. Deren Wortführer war diesmal Peter Pilz. Der Sicherheitssprecher der Grünen erzählte vom täglichen Weg in die Arbeit, wo er in der U-Bahn und auf der Straße zu hören bekomme: "Alle Politiker sind Gauner."
Das stimme mit Sicherheit nicht, relativierte Pilz - aber Österreich habe "ein Problem mit dem Erbe von Schwarz-Blau". Deren Arbeitsteilung habe gelautet: "Alle Macht für die ÖVP, Schmiergeld für die FPÖ." Pilz spannte einen Bogen von der Eurofighter-Causa über die BUWOG bis hin zum Telekom-Skandal. 107 Millionen Euro Schmiergeld seien insgesamt geflossen. Er kritisierte auch, dass ÖIAG-Vorstand Markus Beyrer - nun hauptverantwortlich für die Aufklärung des Telekomskandals - "nicht nur in Schottland, sondern auch in Luising" (Burgenland) bei Alfons Mensdorff-Pouilly auf der Jagd gewesen sei. Der Graf wird der Geldwäsche verdächtigt (es gilt die Unschuldsvermutung).
Pilz zählte genüsslich jene Namen auf, die im Zusammenhang mit diversen Affären stehen: "Prinzhorn, Plech, Meischberger, Reichhold, Gorbach, Grasser" - stets mit dem Zusatz "FPÖ" versehen.
Gegenwehr
Die ÖVP wehrte sich vehement gegen "die Pauschalverurteilungen ohne Beweise": Ex-Minister Bartenstein sprach von der "erwartbaren Generalabrechnung mit Schwarz-Blau"; Klubobmann Kopf schimpfte "Sauerei" und sagte zu
Pilz "Schämen Sie sich!"
Bemerkenswert: Kopf plädierte für einen "zeitnahen" Untersuchungsausschuss .
Die SPÖ tat sich ein wenig schwer: Bis heute lehnt sie Schwarz-Blau ab. Doch im Sinne des Koalitionsfriedens übte SPÖ-Klubchef Josef Cap nur "dosierte Kritik" (© Kopf) am Koalitionspartner ÖVP und konzentrierte sich auf die Malversationen im Umfeld der FPÖ und des BZÖ. Einig war man sich, dass die Anti-Korruptionsgesetze verschärft werden müssen und dass es mehr Transparenz geben soll - etwa im Bereich der Parteienfinanzierung. Auf einen Untersuchungsausschuss konnte man sich aber nicht einigen - vorerst.
Nationalratspräsidentin Prammer (SPÖ) sagte am Dienstagabend im ORF, sie gehe davon aus, dass noch heuer einer eingesetzt werde.
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