Koma: „An Wundern muss man arbeiten“

König Willem-Alexander mit Königin Máxima und ihren Töchtern im Skiurlaub.
Ob Prinz Friso je wieder zu Bewusstsein kommen wird, ist nicht sicher. Spektakuläre Fälle gibt es allerdings immer wieder.

Wird Prinz Friso je wieder aus dem Koma aufwachen? Das kann derzeit niemand ernsthaft beantworten. „Bei Friso liegt eine beträchtliche Schädigung des Gehirns vor, bei der mit einer raschen Erholung nicht zu rechnen ist“, sagt der Neurologe Prim. Johann Donis, Vorsitzender der Österreichischen Wachkoma-Gesellschaft. „Man kann davon ausgehen, dass beträchtliche Schäden zurückbleiben. Die Frage, wie lange die Erholung bei einem solchen Patienten dauert, ist frühestens nach drei bis sechs Monaten seriös zu beantworten. Bei Friso ist allerdings nicht davon auszugehen, dass eine völlige Wiederherstellung möglich ist.“

Entscheidend sei die Ursache für das Koma: Bei einem Schädel-Hirn-Trauma, das etwa durch einen Unfall verursacht wurde, liegt die Wahrscheinlichkeit für eine günstige Prognose laut Donis bei 30 bis 50 Prozent – je nachdem, welche und wie viele Hirnareale durch den Aufprall beschädigt wurden. Bei einem Sauerstoffmangel ist die Prognose viel schlechter, da das gesamte Gehirn beeinträchtigt wird – hier stehen die Chancen für einen günstigen Ausgang bei 15 bis 20 Prozent.

„Das heißt nicht, dass die Patienten wieder pumperlgsund werden“, betont Donis. Auf der einen Ebene gehe es um die Wiederherstellung der bewussten Wahrnehmung, also um die Kommunikationsfähigkeit des Patienten. „Auf der anderen Ebene geht es um die Rückbildung der neurologischen Defizite – etwa motorische Fähigkeiten oder Tastsinn.“ Bei Prinz Friso sei die Ausgangslage allerdings ungünstig, weil durch den Sauerstoffmangel sein gesamtes Gehirn betroffen ist.

Instabil

Die Zeitspanne, in der im Regelfall klar wird, ob jemand wieder aufwacht, liegt laut Donis bei etwa einem Jahr. Friso sei derzeit allerdings noch in einer sehr instabilen Phase: „Er ist noch nicht über den Berg.“ Es sei auch noch zu früh, um vom Zustand des Wachkomas zu sprechen. In der Regel würde ein Koma-Patient innerhalb der ersten acht bis zehn Tage die Augen öffnen. Danach spricht man vom prolongierten Koma. „Der Grund dafür sind die beträchtlichen Schäden. Ob sich daraus ein Wachkoma entwickelt, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.“

Sobald der Zustand des Prinzen stabil ist, müsse laut Donis mit der Rehabilitationstherapie begonnen werden. „Vertraute Reize und Personen in einer gewohnten Umgebung sind hierbei wesentliche Bestandteile.“

Spektakuläre Fälle gab es immer wieder

Nach 19 Jahren ist 2003 der damals 40-jährige US-Amerikaner Terry Wallis aus dem Koma aufgewacht. 2005 hatte eine 36-jährige US-Amerikanerin nach 20 Jahren Wachkoma wieder zu sprechen begonnen. Und 2007 erwachte ein 65-jähriger Pole aus einem 19-jährigen Koma.

„An solchen Wundern muss man arbeiten“, sagt der Salzburger Karl Gappmayer. Sein damals 68-jähriger Vater war 2006 nach einem Sturz und einer Schädel-Hirn-Verletzung ins Wachkoma gefallen. „Wir haben die Hoffnung nie aufgegeben und ihn zu Hause liebevoll und intensiv betreut.“ Es sei ein langwieriger Prozess gewesen, „aber nach einigen Monaten hat mein Vater das erste Mal genickt“, erzählt Gappmayer. Mithilfe einer Logopädin hat er auch wieder sprechen gelernt. Im Jänner starb sein Vater – an einer Influenza, nicht an den Wachkoma-Folgen: „Er hatte bereits erfolgreiche Gehversuche gemacht.“

Gappmayer engagiert sich heute in der Salzburger Initiative für Wachkoma-Patienten: „Viele Menschen denken sich: ,Wachkoma – jetzt ist alles vorbei.‘ Aber das stimmt nicht. Man muss den Betroffenen Zeit geben. Und man muss sich selbst auch immer bewusst sein: Ein Koma kann jeden Menschen von einer Minute auf die andere treffen.“

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