Koalition schnürt eine Lex Strasser
Um
Ernst Strasser ist es ruhig geworden. Die Ermittlungen bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen den Ex-EU-Parlamentarier (ÖVP) laufen.
Ob und wann es eine Anklage gibt, ist noch offen. Beschlossen wurde hingegen am Dienstag im Ministerrat das Lobbyisten-Gesetz. Es ist eine Folge der Debatte, die nach der Affäre Strasser im März losgebrochen ist: Was sollen Lobbyisten dürfen?
Zur Erinnerung: Gegen Strasser wird wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ermittelt. Er soll sich auf Wunsch vermeintlicher Lobbyisten (es waren britische Undercover-Reporter) für eine Gesetzesänderung stark gemacht haben. Als Gegenleistung wurden 100.000 Euro in Aussicht gestellt (die nicht geflossen sind). Strasser weist alle Vorwürfe zurück. Er sagt, er habe nur recherchieren wollen, wer hinter den "Lobbyisten" steckt.
Register
Am Dienstag wurde im Ministerrat also der erste Teil des Transparenz-Pakets beschlossen. Der Kern: ein Register, in das sich alle Lobbyisten eintragen müssen. Es unterscheidet in Lobbying-Unternehmen und -Abteilungen in Firmen sowie in Kammern und gesetzlichen Interessenverbänden. Wie Letztere im Register aufscheinen, war umstritten. Die Regelung sieht nun vor, dass sie Name, Anschrift, Aufgabe und die Zahl der Interessenvertreter angeben. Ihre Kosten für Interessenvertretung sollen sie nur als Schätzung angeben.
Lobbyisten in der Privatwirtschaft müssen mehr preisgeben: neben dem Umsatz die Namen ihrer Lobbyisten - und (in einem eingeschränkt zugänglichen Teil der Liste) jeden Auftraggeber und -gegenstand.
Das Gesetz soll im März 2012 in Kraft treten. Nur jene Agenturen und Public-Affairs-Mitarbeiter in Firmen dürfen dann lobbyieren, die in der Liste eingetragen sind.
Funktionsträger dürfen keine entgeltlichen Lobbying-Aufträge in ihrem Fachbereich entgegennehmen. Abgeordnete dürfen aber Mitglieder von Interessenverbänden bleiben. Wer wegen Untreue oder Amtsmissbrauchs verurteilt wurde, ist vom Register ausgeschlossen. Die Justizministerin kann Lobbyisten bei Verstößen aus der Liste streichen. Neu ist auch, dass Erfolgshonorare verboten sind. Scheinrechnungen, also überhöhte Beträge ohne erkennbare Gegenleistung, verfallen zugunsten des Bundes. Justizministerin Beatrix Karl ist "froh über das gute Endprodukt".
Kritik kommt hingegen von Anti-Korruptionsexperten: Für
Franz Fiedler von Transparency International ist das Register nur ein Fortschritt, weil "es bisher nichts gegeben hat. Man hätte mehr tun können. Für die Öffentlichkeit wäre interessant, wo ein Lobbyist in welcher Form für wen tätig wurde. Es gibt nur Globalsummen, aber keine Details."
Wie Fiedler möchte Hubert Sickinger, dass die Auftraggeber der Lobbyisten im öffentlichen Teil des Registers stehen. Für beide Experten ist das Register nur der erste Schritt - die Regierung hat weitere Maßnahmen angekündigt. Fiedler: "Der wichtigste Schritt wäre jetzt die Neuregelung der Parteienfinanzierung."
Und Sickinger ergänzt: "Die Parteienfinanzierung und die Offenlegung der Nebeneinkünfte von Abgeordneten müssen dringend geregelt werden."
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